TEMPUS FUGIT
„The only thing faster than light is the darkness.“
„I am underwhelmed“, lässt
Reese Witherspoon schon recht früh im vorliegenden Film verlauten, und diese zum Ausdruck gebrachte Enttäuschung wird noch ein weiteres Mal gen Ende zu vernehmen sein. Wie viel Wahrheit doch hinter den so unscheinbaren drei Worten steckt, lernt der Zuschauer indes auf die harte Tour, denn diese komprimieren im Grunde die Essenz von
Disneys Fantasy-Film
„DAS ZEITRÄTSEL“ vorzüglichst auf das Wesentliche:
„A Wrinkle In Time“, so der Originaltitel dieser neuerlichen Buchadaption des gleichnamigen Kinderbuchs aus den 60er Jahren, will mit opulenten Schauwerten begeistern und mit seiner Geschichte mitreißen, verzettelt sich aber stattdessen zusehends in (s)einem (Zeit)strudel aus allzu drögen Performances, schlecht getimter Dramaturgie und nur mittelprächtig visualisierten CGI-Spielereien, die im Jahr 2018 nicht einmal mehr ein müdes Lächeln hervorrufen dürften.
Die 13-jährige Einzelgängerin Meg Murry (Storm Reid) vermisst ihren berühmten Wissenschaftlervater (Chris Pine), der vor vier Jahren bei einem physikalischen Experiment im Nirgendwo des unendlichen Universums verschollen ist, sehr. Ihre Mitschüler haben seither nur Spott und Häme für sie übrig, wogegen auch die netten Aufmunterungsversuche ihres geliebten kleinen Bruders Charles
Wallace (Deric McCabe) nichts auszurichten vermögen. Jedenfalls will sie sich nicht damit abfinden, dass sie ihren Papa nie wiedersehen soll, auch wenn alle Welt dies anders sieht. Da taucht eines Tages die seltsam gekleidete Mrs. Soundso (Reese Witherspoon) im Wohnzimmer auf und offeriert der sprachlosen Meg ein Geheimnis, das in einem großen Abenteuer münden soll...
Was wäre, wenn der Mensch ohne Probleme die Grenzen von Zeit und Raum überwinden könnte, indem er einfach nur die richtige Frequenz des Universums trifft? Eine interessante Frage, die jedoch ohne weitere Erklärungen auskommen muss, da sich
„A Wrinkle In Time“ nicht mit derlei Kleinkram abgibt. Die Theorien werden spätestens mit dem Erscheinen von Mrs. Soundso und ihren beiden mystischen Kolleginnen Mrs. Welche (Oprah Winfrey) und Mrs. Wer (Mindy Kaling) für bare Münze erklärt, und damit hat es sich. Kaum sind 10 Minuten Spielzeit vergangen, befinden sich unsere kindlichen Helden somit auch schon auf der Reise in ferne Welten, um Megs Vater ausfindig zu machen, der vor vier Jahren beim selben Vorgang irgendwo quasi gestrandet ist. Und kaum hat die illustre Reisegruppe einen Ort erreicht, der derart farbenfroh und bunt glatt aus dem Wunderland einer nicht unbekannten Alice stammen könnte, da wird er auch schon wieder verlassen, um zum nächsten Ort zu teleporten.
„A Wrinkle In Time“ geriert sich hinsichtlich des an den Tag gelegten Tempos als klarer Gegner der Entschleunigung und hetzt pflichtschuldig im Eilschritt von einer Drehbuch-Etappe zur folgenden, als würde er der Wirkung und Kraft seiner (hauptsächlich computergenerierten) Bilder nicht auch nur im Geringsten vertrauen.
Man stelle sich einfach mal ein Kleinkind vor, das anfangs noch enthusiastisch unzählige Seifenblasen auf die Reise schickt, nur um bereits zehn Sekunden später das Interesse daran schon wieder verloren zu haben. Das Hauptaugenmerk wird weggelenkt, ganz gleich, wie schön die Blasen auch in der Sonne schimmern mögen. So verhält es sich mit
„A Wrinkle In Time“. Der Zuschauer wird mit immer neuen Eindrücken überflutet, ohne auch nur einen einzigen komplett erfassen zu können. Folge dieser Quasi-Bevormundung: Irgendwann kümmert es ihn nicht mehr, was passiert. Die dargeboteten Bilder verknüpfen sich nicht mehr zu einem kohärenten Ganzen, sondern sind einfach nur Bilder in einer ganzen Abfolge von Bildern, so willkürlich wie beliebig. Da fällt es schwer, Empathie für die Schicksale der handelnden Personen zu entwickeln. Alles passiert, weil es passiert, während der wahre Grund, der rote Faden, verschollen bleibt wie Megs Vater in den Weiten des Universums. Dies erklärt dann auch die tonalen Schwankungen innerhalb der 109 Minuten Laufzeit, die sich leider mehr als einmal in die kindgerecht-einfache Geschichte einschleichen. Aber wie uns der Film schon recht früh begreiflich macht, gibt es nun einmal kein Licht ohne Schatten, existiert kein Hell ohne das konträre Dunkel. Eine allzu simple Schwarz-Weiß-Malerei. In jedem Fall eine solche, die selbst mit einem 100-Millionen-Dollar-Budget im Rücken bis zum enttäuschenden Finale ohne jegliche Sogwirkung daherkommt.
Apropos Finale: Dieses hält sich zwar hinsichtlich seines quasi nicht vorhandenen Ausmaßes an die Buchvorlage, entfaltet auf der Leinwand nach dem ganzen bisherigen Heckmeck aber dann doch irgendwie einen bitteren Nachgeschmack, der nach dem „Genuss“ der größtenteils überzuckerten Minuten davor nur umso mehr schmerzt. Gegen Film-Karies kann letzten Endes eben auch die sonst so starke Liebe nichts mehr ausrichten. Und wo wir schon bei ihr sind: eine liebreizende Reese Witherspoon (mit sichtlichem Spaß bei der Sache) und eine erstaunlich überzeugende
Storm Reid in der Hauptrolle verlangen, bei aller Liebe, nach mehr als dieser öden Fantasy-Reise, der die Magie der 50 Jahre alten Vorlagen leider gänzlich abgeht, gute (visuelle) Ansätze hin oder her. Denn es will schon was heißen, wenn große Namen wie
Oprah Winfrey (trotz bunter Schminke sehr blass) oder ein unrasierter
Chris Pine am Ende des Tages nicht mehr sind als bloße Namen, die in bunten Bildern umherwandeln und Worte sagen, die aus Buchstaben bestehen. Zur falschen Zeit, am falschen Ort. Das klingt nicht nur unglaublich belanglos, sondern ist es leider auch.
Fazit: „A Wrinkle In Time“ ist ein seltsamer Film geworden, der zwar von Emotionen handelt, selbige aber nicht glaubhaft, sondern eher nur gehetzt in einem quietschbunt-ermüdenden Meer aus CGI präsentiert. Und das ist schlicht zu wenig für einen guten Film.
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