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Memento

Memento

Ein Film von Christopher Nolan

„[...]Somehow, I know she's never gonna come back to bed. If I could just... reach over and touch... her side of the bed, I would know that it was cold, but I can't. I know I can't have her back... but I don't want to wake up in the morning, thinking she's still here. I lie here not knowing... how long I've been alone. So how... how can I heal? How am I supposed to heal if I can't... feel time?“


Man sollte am besten alles vergessen, was man vom normalen Filme-Gucken kennt, bevor man sich „MEMENTO“ ansieht. Denn was einem hier knappe zwei Stunden geboten wird, ist anders als das, was man ansonsten gewohnt ist, und das kann ruhig geglaubt werden.


Protagonist Leonard Shelby (Guy Pearce, „The Proposition“ [2005]) hat ein Problem. Nach dem gewaltsamen Tod seiner Frau hat er sein Kurzzeitgedächtnis verloren, so dass er nach wenigen Minuten schon wieder vergessen hat, was gerade eben passiert ist. Alle Ereignisse vor dem Verbrechen an seiner Frau sind präsent, ebenso die Tatsache, dass er weiss, dass sie vergewaltigt und umgebracht wurde. Alles danach verschwindet jedoch urplötzlich. Um seiner seltenen Krankheit Herr zu werden und den Mörder seiner Frau ausfindig zu machen, tätowiert sich Leonard wichtige Daten auf seinen ganzen Körper, schießt Fotos von jedem Ort, den er besucht und versieht diese Schnappschüsse mit Notizen,
um hinterher vage Anhaltspunkte zu haben, was genau er dort gesucht und gefunden hat. Denn im Nacken lauert stetig die grausame Erkenntnis, dass er in den nächsten Minuten alles wieder vergessen haben wird.


Abgesehen von der hier vage angedeuteten interessanten Grundidee des Films wäre das noch nicht unbedingt ein Grund, diesen Thriller ungewöhnlich zu nennen. Nein, seine Faszination bezieht er aus etwas anderem: nämlich der Tatsache, dass die komplette Geschichte rückwärts erzählt wird! Der Film beginnt mit dem Ende der Handlung und arbeitet sich innerhalb der 116 Minuten Laufzeit nach vorne vor, wobei der Film in mehrere kurze Abschnitte unterteilt ist, welche jeweils mit dem Anfang der vorangegangenen Szene enden. Klingt kompliziert? Mag es auf den ersten Blick auch sein. Doch angesichts der Tatsache, dass die Hauptfigur ihr Kurzzeitgedächtnis verloren hat, ist es eigentlich nur konsequent, die Geschichte auf diese Weise zu erzählen. Um die Verwirrung jedoch komplett zu machen, sind zwischen den einzelnen Episoden noch Einstellungen in schwarz-weiß eingestreut, die in chronologischer Reihenfolge ablaufen. Der geneigte Leser versteht jetzt vielleicht, dass es schwer ist, dieses kleine filmische Wunderwerk nur mit Worten zu beschrieben, obwohl man es im Grunde sehen müsste. Denn beim Sehen und nach einigen Minuten Eingewöhnzeit entwickelt sich der Film mit der Präzision eines Uhrwerks, werden am Anfang (beziehungsweise am Ende) des Films merkwürdig erscheinende Handlungen immer klarer, stellen sich beim Zuschauer die ersten Aha-Momente ein.


Aber funktioniert ein solcher Film auch noch, nachdem man ihn einmal komplett gesehen hat? Die Antwort ist ein klares Ja. Gerade Christopher Nolans zweiten Film muss man sich noch ein zweites Mal ansehen. Beim ersten Mal wirkt alles zwar irgendwie halbwegs rund, scheint sich die Geschichte richtig entwickelt zu haben. Doch ohne dass man es beeinflussen, tauchen unvermittelt die ersten Fragen nach der Logik des Films und dem ihm zugrunde liegenden Drehbuch auf. Ergibt das ganze im Nachhinein wirklich einen Sinn? Oder glauben wir nur, dass wir den Film verstanden haben, da er uns dahingehend manipuliert hat? Aus diesem Grund liebe ich Filme, die nicht linear ablaufen. Am Ende stellt sich zwar beim Zuschauer das Gefühl ein, dass man mit dem zufrieden ist, was man gesehen hat (oder eben nur halbwegs zufrieden), doch sobald man anfängt, über den Film nachzudenken, ihn in seine Einzelteile zu zerlegen, ist man plötzlich gar nicht mehr so sicher, ob man ihn wirklich richtig gesehen hat. Wer einmal einen David Lynch-Film gesehen hat („Mulholland Drive - Straße der Finsternis“ [2001]), kennt dieses Gefühl nur zu gut. Nolans Thriller entwickelt seine volle Faszination wahrhaftig erst beim zweiten Sehen, da vormals unwichtig erschienenen Details plötzlich mehr Bedeutung zukommt, als man beim nur einmaligen Sehen wahrnimmt. So versteht man dann auch letztlich die Absichten der anderen Protagonisten, vor allem die des zwielichtigen „Teddy“ (Joe Pantoliano, „Zandalee“ [1991], „Matrix“ [1999]). Bewusst wird in dieser Rezension aber auf weitere genauere Aspekte bezüglich der Story verzichtet, denn gerade das unbeeinflusste Sehen mit nur der Grundstory im Hinterkopf macht dieses Werk interessant.


Mit „MEMENTO“ hat Regisseur Christopher Nolan einen sehr spannenden Mix aus Thriller und Kopfkino geschaffen, der – gleich einem Puzzle – vor dem Zuschauer ausgebreitet wird, um dann schlussendlich von ihm zusammengesetzt zu werden. Einzige Voraussetzung ist und bleibt, dass man sich auf die Erzählweise einlassen muss. Wer dies tut, wird mit einem Film belohnt, der auf geradezu vorbildliche Weise zeigt, dass spannende und originelle Unterhaltung auch ohne Multi-Millionen-Dollar-Budget möglich ist. Was nach dem Ansehen bleibt, ist die Erinnerung an den vielleicht innovativsten Film der letzten Jahre. Und der Drang, ihn gleich noch einmal zu schauen.

Eine Rezension von Stefan Rackow
(16. Februar 2007)
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Daten zum Film
Memento USA 2001
(Memento)
Regie Christopher Nolan Drehbuch Christopher Nolan, nach der Kurzgeschichte "Memento mori" von Jonathan Nolan
Produktion Newmarket Kamera Wally Pfister
Darsteller Guy Pearce, Carrie-Anne Moss, Joe Pantoliano, Stephen Tobolowsky
Länge 116 Minuten FSK ab 16 Jahren
http://www.otnemem.com/
Filmmusik David Julyan
Nominiert 2002 für zwei Oscars (Bester Schnitt, Bestes Original-Drehbuch)
Kommentare zu dieser Kritik
kermitkev sagte am 17.12.2007 um 18:04 Uhr

116 perfekte Minuten ! Memento überzeugt in allen belangen! Christopher Nolan hat sich mit der Besetzung der Hauptrollen für Guy Pearce, Carrie-Anne Moss und Joe Pantoliano entschieden und damit alles richtig gemacht. Neben der brillianten Story, die an tiefgängigkeit kaum zu übertreffen ist, spielen die drei erstklassig! Guy Pearce der in Hollywood selten im Rampenlicht steht, stellt in diesem intensiven Thriller unter beweiß, was es heißt ein guter Darsteller zu sein. Den Leuten die sich Memento bislang nicht angesehen haben, kann ich nur raten dieses Versäumnis schleunigst aus dem Weg zu räumen! Diesen Film kann und sollte man nicht nur einmal gesehen haben! Danke Christopher Nolan für dieses Meisterwerk. Wir bitten um mehr Filme von Ihnen die der Qualität von Memento gleich kommen.

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