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Trauma

Trauma

Ein Film von Dario Argento

Die an Anorexie erkrankte Aura wird von dem Grafiker David vor einem Selbstmordversuch bewahrt. Zurück bei ihren Eltern - die sich unter anderem mit Séancen ihr Geld verdienen - geschieht das unfassbare: der in der Stadt wütende Serienkiller "Headhunter" tötet und köpft Mutter und Vater. Das traumatisierte Mädchen landet wieder in einer Klinik, und zusammen mit David versucht sie hinter das Geheimnis und die Identität des Killers zu kommen. Denn immer mehr Menschen verlieren ihren Kopf, und ihr Leben hat einen Zusammenhang in der Vergangenheit...

Nach Opera drehte Argento zunächst keinen eigenen, abendfüllenden Spielfilm, sondern arbeitete zusammen mit seinem Freund George A. Romero an dem Projekt Two Evil Eyes. Man kannte sich noch aus Dawn of the Dead Tagen, und beide verfilmten je eine Kurzgeschichte von Edgar Allan Poe, um zusammen einen kompletten Film zu erschaffen. Mit an Bord war ebenfalls Effekt-Legende Tom Savini, der natürlich auch bei Dawn of the Dead seine Finger mit im Spiel und Latex hatte. Eben jener Tom Savini zeigt sich nun auch für die Spezialeffekte in Trauma verantwortlich. Warum diesmal keiner der italienischen Effektkünstler die Aufgabe übernahm ist ganz einfach: Trauma war Dario Argentos vorläufiger Abschied von seinem Heimatland und stellt seine erste US-Produktion dar, wenn auch mit italienischen Geldern co-finanziert. Mit einem Budget von immerhin 7 Millionen $ drehte m
an in Minneapolis den ersten Film des Meisters, der schon für ein internationales und nicht-europäisches Publikum konzipiert sein sollte. Die Idee zum Drehbuch kam Argento aus seinem eigenen persönlichen Umfeld: die Halbschwester von Darios Tochter Asia, Anna die aus einer früheren Beziehung von Daria Nicolodi stammte, litt unter Anorexie, und nach Recherchen Darios zu dieser Krankheit entschloss er sich, einen Film daraus zu machen.
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Dieser ist über weite Strecken auch durchaus als gelungener US-Einstand des italienischen Meisterregisseurs zu sehen. Trauma ist stimmungsmäßig einer der düstersten Filme Argentos und grenzt sich auch optisch deutlich von seinen italienischen Werken ab. Die Kulissen und Details sind selten so verspielt wie früher. Auch das Licht ist nicht so ansatzweise so bunt wie in Suspiria oder Inferno, und auch bei der Gestaltung des Raumes wirkt er nicht so artifiziell wie Deep Red oder gewaltig wie Opera. Vielmehr herrscht eine grau-nüchterne Stimmung mit viel Regen und wenig farblichen Highlights. Sehr schön fand ich die Verankerung der Morde in den wiederkehrenden Fernsehnachrichten, was das surreale Element des abgeschnittenen Kosmos von Killer und Ermittler der Frühwerke auflöst und damit - auch wenn das "früher" immer sehr schön war - gut zum realistischeren Ton des Filmes passt. Gerade durch die Tatsache, dass der Killer laut Nachrichten immer bei Regen zuschlägt, werden diese Szenen allein durch die Anwesenheit des Regens schon nochmal eine Stufe spannender, selbst wenn man keinen Hinweis bekommen hat, ob der Killer in der Nähe ist. Auch verwendet Argento wieder sein geliebtes Motiv der Wahrnehmung, denn auch Aura beobachtet bei dem Mord an ihren Eltern ein Detail, an das sie sich aber nicht richtig erinnern kann, aber auf die Spur des Killers führen könnte.

Das klingt jetzt soweit sicherlich sehr gut, und keine Frage, Trauma ist kein schlechter Film. Allerdings hat er erneut mit so einigen Problem zu kämpfen, die sich nicht zuletzt bei einer Person suchen lassen: Dario Argento, respektive dessen Drehbuch. Denn, wenn man die Sache mal ganz nüchtern betrachtet und bei aller Liebe zu Dario: die eigentlich spannende Grundidee, die Anorexie der Hauptdarstellerin als Aufhänger für einen Giallo zu nehmen läuft in dem Film komplett ins Leere. Die Krankheit tut bis auf wenige und austauschbare Szenen eigentlich nichts zur Sache, sie ist vollkommen willkürlich gewählt und sorgt nur für ein die Einführung von wenigen Personen und Schauplätzen, die man aber auch anders hätte einführen können. Dazu dient sie nicht einmal, wie man vielleicht erwarten kann, (minor spoilers ahead) der Etablierung des Motivs, denn das liegt ganz woanders. Man könnte fast soweit gehen zu sagen, dass weder Aura noch David den Film sonderlich voran bringen, da sich die Handlungsstränge von ihnen und vom Killer eigentlich kaum überschneiden, natürlich ausgenommen der finalen Konfrontation. Dazu kommt noch der übliche Red Hering aka scheinbarer Täter, den ich diesmal auch nicht ansatzweise verstanden habe. Und natürlich - wie sollte es anders sein - lässt es sich Argento mal wieder nicht nehmen, bei der Musik kräftig daneben zu greifen. Für den ziemlich gesichtslosen Score von Pino Donaggio kann er nichts, da er eigentlich GOBLIN haben wollte, was aber die US-Geldgeber verweigerten, aber muss man einen Giallo unbedingt mit Reggae-Musik enden lassen? Immerhin bekommen wir in dieser Szene besagte Anna auch mal zu sehen.
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Neben dieser fragwürdigen Anorexie versucht Auras behandelnder Arzt mit allerlei frag- und merkwürdiger Methoden eine verdrängte Erinnerung aus Aura herauszukitzeln, was sich aber ebenfalls als Subplot erweist, der völlig bedeutungslos ist und im Nirvana verschwindet. Ansonsten ist der Film aber relativ klar strukturiert, nachvollziehbar erzählt und nicht sonderlich ausschweifend. Über das Motiv des Täters kann man natürlich streiten, mich persönlich hat es nicht überzeugt. Und obwohl Argento ja diesmal eher einen nüchternen Gestaltungsansatz gewählt hat, gibt es immer wieder ein paar sehr unrealistische Szenen, die sich natürlich dann erst recht als ziemlich störende Fremdkörper erweisen. Einige der abgetrennten Köpfe dürfen tatsächlich noch letzte Worte sprechen, was, zumindest im Finale nach Aussagen von Tom Savini, auf Argentos Mist gewachsen ist. Und wenn dann ein abgetrennter Kopf einen Aufzugsschacht hinuntersegelt und mit offenen Augen einen lauten Schrei in die Kamera zum Besten gibt, ist die Grenze zum Trash doch ein gutes Stück überschritten. Und mir persönlich ist dann diese kurze Nebengeschichte um ein gelöschtes Gedächtnis dann richtig übel aufgestoßen, dagegen war der Kinderdarsteller noch überraschend passend.

Das mag jetzt alles schlechter klingen als das Endergebnis dann letztendlich ist, denn man kann sagen was man will: szenenweise ist Dario Argento ein Genie, und das beweist er eigentlich bei jedem seiner Werke. Der Gute sollte nur möglichst das Schreiben anderen Leuten überlassen. Denn auch wenn der Film überraschend unblutig ist, markieren erneut die Gewaltszenen einige der Höhepunkte des Films, ganz besonders herausstechen kann hier die Enthauptung im Krankenhaus. Das ist insofern ironisch, weil diese nur als Schattenspiel an der Wand stattfindet, respektive sich in dem Spiel eines Patienten widerspiegelt. Eine wirklich intensive Szene, die das Talent des Meisters erneut unter Beweis stellt. Natürlich gibt es wieder zahlreiche First-Person-Shots aus der Sicht des Killers, und auch wieder eine wunderbare Kameraspielerei, diesmal den Flug eines Schmetterlings aus dessen eigener Sicht. Sehr schön! Ob man jetzt die nackten Brüste der zu diesem Zeitpunkt minderjährigen Tochter des Regisseurs einbauen musste, darüber kann man streiten - nicht zuletzt weil diese Szene erneut das Thema Anorexie behandelt, das ja aber wie oben erläutert ins Leere läuft - unstrittig ist aber, dass Asia Argento die Rolle nicht nur bekommen hat, weil sie seine Tochter ist, sondern tatsächlich gut spielen kann. Überhaupt überzeugen die meisten Darsteller, nur Hauptdarsteller Christopher Rydell bleibt richtig blass, und James Russo als Kommissar wird regelrecht verheizt.
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Immerhin ist der Film recht prominent besetzt. Asia Argento kennt man ja aus Boarding Gate, sowie weiterer Argentowerke wie The Third Mother. Ihre Filmmutter wird von der dreifach oscarnomierten Piper Laurie gespielt, die natürlich Carries Mutter in der Verfilmung von Brian DePalma spielte. Frederic Forrest, der Auras Arzt gibt, hat ebenfalls eine Oscarnominierung in der Tasche und war unter anderem in Falling Down an der Seite von Michael Douglas zu sehen. Er und seine Partnerin Piper Laurie lachten den ganzen Dreh über und suchten immer wieder dumme Szenen bei den Dreharbeiten, was darin gipfelt, dass Laurie den fertigen Film nie gesehen hat, weil sie immer hörte, er wäre furchtbar. In einer Nebenrolle ist dann noch Brad Dourif zu sehen, der wie immer wesentlich mehr Screentime verdient hätte. Kameramann Raffaele Mertes fotografierte neben zahlreichen Bibelfilmen immerhin noch Michele Soavis The Sect. Zu Tom Savini braucht man wohl nicht mehr viel sagen.

Grundlage für diese DVD war die englische Scheibe von Tartan. Bild und Ton können überzeugen, dafür gibt es nur auf dem Papier viele Extras. Diese entpuppen sich nämlich als Trailer und Texttafeln, eine kleine Enttäuschung. Der Film selbst ist kürzer als die italienische Fassung, da diese ein paar Handlungserweiterungen vorweisen kann. Auf deutsch gibt es den Film inzwischen von Laser Paradise, die wohl durchaus eine lohnenswerte DVD veröffentlicht haben.

Fazit: Trauma ist sicherlich kein Highlight in Argentos Filmographie, aber auch bei weitem nicht so schlecht, wie er immer gemacht wird. Trauma ist ein recht stringent erzählter Thriller, bei dem immer wieder das Genie Argentos durchscheinen kann, ohne jedoch als Gesamtwerk in sonderlicher Erinnerung zu bleiben. Es muss aber auch gesagt werden, dass ein durchschnittlicher Argento immer noch um Meilen besser ist als die meisten sonstigen Killerfilme.

Eine Rezension von David Kugler
(01. November 2008)
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Daten zum Film
Trauma Italien, USA 1993
(Trauma)
Regie Dario Argento Drehbuch Franco Ferrini, Gianni Romoli, Dario Argento, T.E.D. Klein
Produktion Overseas FilmGroup Kamera Raffaele Mertes
Darsteller Asia Argento, Christopher Rydell, Brad Dourif, Piper Laurie, Frederic Forrest
Länge 102:02 FSK 18
Filmmusik Pino Donaggio
Kommentare zu dieser Kritik
Bastian TEAM sagte am 02.11.2008 um 07:35 Uhr

"Aura" ist schon ein recht guter Argento geworden, wenn auch die etwas eigenwilligen Enthauptungsszenen manchmal über Ziel hinausschießen. Andererseits hat der Film von allen Werken des Meisters die wohl drückendste Stimmung, weshalb die etwas Comic-hafteren Gewaltmomente neben der Kinder-Perspektive ein wenig Auflockerung in das Ganze bringen.
Allerdings empfinde ich die Donaggios Musik gar nicht als so deneben & der Reggae am Ende läuft auch nicht über den ganzen Abspann;-) ...wobei der Song, der danach kommt & auch mal vorher zu hören ist, ganz gut in den Film passt.

Argentos bester ist der Streifen nicht, aber wie bereits gesagt: "besser als die meisten sonstigen Killerfilme."
Damocles TEAM sagte am 02.11.2008 um 11:02 Uhr

Daneben fand ich den Score auch nicht, nur bleibt er nicht ansatzweise in Erinnerung wie die Werke von Goblin. Und das von einer Frau gesungene Stück ist gut, ja, aber trotzdem wirkt dieser Reggae-Einschub total fehl am Platze, gerade weil er auch nur so kurz dauert.

Ich fands schade, dass so viele ursprünglich geplante Szenen gelöscht wurden. Savini konstruierte bspw. einen riesigen Mund, aus dessen innerem die Kamera flimen konnte, weil eine Person ursprünglich nicht geköpft werden sollte. Vielmehr sollte die Drahtschlinge den Kopf am Mund halbieren, was die Kamera eben aus dem Inneren gefilmt hätte. Aber nein, Argento hatte ja dann den "tollen" Einfall, lieber den Kopf noch was sagen zu lassen, was ja bei nem halbierten nicht gegangen wäre ;)
Shikantaza sagte am 05.09.2011 um 20:16 Uhr

Ich finde das "Trauma" wie eine Light-Version von "Profondo Rosso" ist - für den amerikanischen Markt produziert, was fast an jeder Stelle des Films zu merken ist.

Den Score finde ich absolut grauenhaft - am schlimmsten bei der Szene im See, wenn der eingespielte Song doch arg Titanic-schwülstig wird. Ich wage gar nicht dran zu denken was Goblin für tolle Musik geschrieben hätten...

Wirklich enttäuscht war ich von den blutleeren Kills, die somit ein Weglassen von einem Argento-Markenzeichen darstellen. Die Aufzug-Szene war eher lustig als spannend oder gore-mässig, und die anderen Kills wurden zu früh abgeblendet.

Gut finde ich die Schmetterlings-Perspektiven-Kamerafahrt sowie den kleinen Jungen aus dem Nachbarhaus. Die klassische Kamera-Perspektive aus der Sicht des Killers aufzunehmen gefällt auch in diesem Film. Überhaupt gibt es einige schön anzuschauende Kamerafahrten und -perspektiven, wie man es nicht anders vom Meister gewohnt ist :o)

Ich möchte Asia Argento gegenüber freundlich bleiben und sagen das ihre Regie-Arbeiten mich mehr beeindrucken als ihre darstellerischen Leistungen. Sie fällt für mich stets etwas unangenehm durch Overacting auf, was sich ja nun mal auf diverse DarstellerInnen in Argento-Filmen (allen voran den Meisterwerken "Suspiria" und "Inferno" sagen lässt...nur...in den Filmen stört es mich nicht so sehr wie in "Trauma", da die älteren Werke durch ihre State-of-the-art-Inszenierung, Kamera, Farbgebung etc. beeindrucken.

So wie die Story in "Trauma" voranschreitet wurde ich in mehreren Punkten doch sehr an "Profondo Rosso" erinnert, allerdings wirkt das Ganze etwas fad.

Um ehrlich zu sein teilweise hatte ich Mühe den Film nicht abzuschalten. Er gehört für mich zu den "Schwächeren" von Argento, hier aber aufgrund einiger total versemmelter anderer Werke noch zum oberen Mittelfeld.

An die Mega-Meisterwerke früherer Tage kommt er aber nicht ran...vielleicht ist es nicht ganz fair Argento dauernd an seinen früheren Filmen zu messen...aber meine Erwartungshaltung kann ich aufgrund toller Werke wie "Tenebrae", "Suspiria", "Inferno", "Phenomena" oder "Profondo Rosso" nicht einfach herunter schrauben...

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