von Asokan Nirmalarajah
Als sich der recht junge David Fincher, der damals noch vorwiegend für seine visuell umwerfenden wie thematisch provokanten Musikvideos, wie etwa
Janie’s Gotta Gun von Aerosmith und
Express Yourself von Madonna (beide 1989), bekannt war, 1992 anschickte, mit
Alien³ einen qualitativ gleichwertigen, aber ebenso künstlerisch individuellen Teil zu der renommierten, sehr hochwertigen Science-Fiction-Horror-Filmreihe beizutragen, kämpfte er auf verlorenem Posten. Während Ridley Scott mit der Low-Budget-Produktion
Alien 1979 noch einen sehr atmosphärischen, unspektakulären Spukschloss-Gruselfilm im Weltraum inszenierte und James Cameron mit der kostspieligen Fortsetzung
Aliens 1986 einen arg martialischen Actionreißer ablieferte, stieß Fincher mit seiner Vorstellung einer meditativen Fortführung der Saga um Weltraumoffizier Lt. Ellen Ripley (Sigourney Weaver), die diesmal in einer exklusiv männlichen Gesellschaft selbst in die Rolle des Fremden gedrängt wird, auf Unverständnis bei den Studiobossen, die ihm überall reinredeten. Von dem Endprodukt hat sich der mittlerweile zum Kultregisseur avancierte Fincher unlängst distanziert und die Produktion als eine Katastrophe bezeichnet, die er am allerliebsten verdrängen und vergessen würde. Ähnlich einem bösen Traum.
Dabei sind Finchers Werke selbst faszinierende wie abstoßende Alpträume, die in die Tiefen menschlicher Verwahrlosung und psychologischer Perversion eintauchen, um dem Zuschauer eine Form filmischer Katharsis zu geben, indem er durch ein Höllenreich geschickt wird, um am Ende das Licht der Hoffnung und Veränderung zu erblicken. Ob die Ereignisse des Films jedoch real oder dem Kopf des Protagonisten bzw. der Protagonistin entspringen, bleibt dabei stets im Dunklen. In Finchers Filmen kann man sich nie sicher sein, ob alles nur geträumt wurde oder nicht. Entsprechend beginnt auch sein Filmdebüt
Alien³ mit einer Sequenz, in der wir eine schlafende Ripley sehen, deren schrecklichen Erlebnisse aus
Aliens den Alptraum heraufbeschwören mögen, der den Rest des Films ausmacht. Der prinzipiell positive Mutter-Diskurs aus dem Cameron-Film (Ripley adoptierte dort das Waisenkind Newt und rettete sie am Ende vor der Alien-Mutter) wird hier nämlich gleich zu Anfang negiert, indem Newt und auch ihr potentieller Lebenspartner Wayne Hicks (Michael Biehn) das Zeitliche segnen, bevor die eigentliche Handlung überhaupt beginnt. Die bekannten
Alien-Motive von Geburt und Tod werden hier noch durch Schwangerschaft ergänzt, denn diesmal verbindet Ripley mit dem Alien weit mehr als die Tatsache, dass die Kreatur ihre Freunde auf dem Gewissen hat und auch sie unerbittlich jagt…
Ellens defektes Raumschiff landet Not auf einem Gefängnisplaneten, das nur von männlichen Gefangenen und Wärtern behaust wird. Die kahlköpfigen, grimmigen Knastbrüder haben dort ein religiöses Kollektiv gebildet, das die Anwesenheit eines Außenseiters, besonders die einer Frau, als eine Störung ihrer spirituellen Harmonie empfindet. Entsprechend schert sich zuerst keiner über die Warnungen der scheinbar hysterischen Frau, ein tödliches Alien-Monster mag mit ihr auf dem Planeten gelandet sein, und will sie entweder loswerden, um ihr homosoziales Gefüge zu sichern, oder sie vergewaltigen. Die Frau ist das Alien hier, nicht das Monster, das noch auf seinen Auftritt wartet. Und auch als sich Ripley ebenfalls den Kopf rasiert und in der Gefängnismontur der Männer auftritt, können die Männer nur mit Abneigung oder gar sexueller Gewalt reagieren. Entsprechend ist der Übergriff auf die Frau so inszeniert, dass sich der erste Täter eine Schutzbrille anzieht, als ob er ein Gebiet betreten würde, das ihm ebenso fremd ist wie der verwahrloste Gefängnisplanet mit all seinen Schächten und Kanälen.
Indes darf Ripley auch erstmals eine konkrete Liebesbeziehung mit einem Mann haben, mit dem mysteriösen Gefängnisarzt (Charles Dance), der jedoch eines der ersten Opfer des Monsters wird. Als auch der Gefängniswärter Andrews (Brian Glover) bald verspeist wird, mutiert die von allen als labil verachtete, aber kompetente Ripley zur neuen Führerin im Kampf gegen das Alien, was dem sinnlosen Leben der Gefangenen eine unerwartete Form von Bedeutung gibt, da sie nun endlich zusammenarbeiten, um eine neue Ordnung zu erstellen, nachdem die Frau und das metaphorisch gleichgestellte Alien die alte Ordnung vernichtet haben. Wie in allen Filmen über männliche Identitätsfindung - und besonders in Finchers Werken, siehe
Fight Club (1999) - ist die Frau, die durch ihr nonkonformes, quasi-maskulines Auftreten verwirrt, das Problem und ihre Zurechtweisung und Absonderung die vermeintliche Lösung für die Männer, die mit der Weiblichkeit der Frau überfordert sind…
Für den geneigten Fincher-Enthusiasten ist das alles natürlich sehr interessant und spannend, auch wenn die narrativen Defekte des Films einem da nicht entgegen kommen und man besonders im arg missratenen Finale, in der die Kamera zuweilen die Perspektive des jagenden Monsters einnimmt, völlig die Orientierung verliert. Und sogar Anhänger der
Alien-Reihe mögen ihren gemäßigten Spaß an diesem routinierten Sci-Fi-Horror-Film haben, aber generell steckt
Alien³ zwischen zu vielen Stühlen, um wirklich zu fesseln. Er mag intellektuell interessanter sein als die vorherigen Teile, vermag aber weder die Spannung des ersten, noch die Aufregung des zweiten Teils aufzubauen. Stattdessen wird der mehr meditative, als aggressive Film von einer deprimierenden Atmosphäre bestimmt, da der Tod für alle Beteiligten vorherbestimmt scheint und es selbst für die sonst so kämpferische Ripley nichts mehr gibt, wofür es sich zu kämpfen lohnt. In der Tat wird hier nur zurückgeschlagen, weil es auf diesem trostlosen Planeten nichts Besseres zu tun gibt. So wirkt der Film wie ein ehrenvoller, aber missglückter Abgesang auf eine starke Kinoreihe, die danach mit
Alien – Die Wiedergeburt (1997) und
Alien vs. Predator (2004) ins Mittelmaß bzw. ins Bodenlose versank. Solide gespielt, visuell zuweilen überwältigend, aber mäßig geschrieben, ist
Alien³ sicherlich der intelligenteste, wenn auch dramaturgisch schwächste Teil der ersten Trilogie. Ganz gleich was Fincher dazu zu sagen haben mag.