Hollywood befindet sich nun schon seit längerer Zeit in einem großen kreativen Loch.
Zumindest wird dieser Anschein erweckt, wenn einem als Kinogänger fast wöchentlich unnötige Fortsetzungen von Klassikern, Verfilmungen von Superhelden-Comic-Heften bzw. Videospielen oder eben Remakes von bevorzugt Horrorschockern präsentiert werden.
Nun müssen Aufarbeitungen altbewährter Konzepte ja nicht zwangsläufig zu einem katastrophalen Ergebnis führen, doch darf der Zuschauer nach Gurken wie „
Stirb langsam 4.0“ oder „
Transformers“ der Traumfabrik auch gerne mal kritisch und skeptisch gegenüber stehen.
Besonders westliche Interpretationen von aus Asien stammenden Geister-und Gruselgeschichten liegen seit einigen Jahren im Trend vieler Profit-schnüffelnder Produzenten von großen Filmstudios. Dabei sind sowohl einige gelungene Resultate wie „Ring“ (2002) oder „
Dark Water – Dunkle Wasser“ (2005) als auch völliger Schmumpf à la „Tödlicher Anruf“ und „Shutter“ (beide 2008) herausgekommen – zumindest aus qualitativer Sicht zeigt sich bei dem Erneuerungs-Wahn mit fortlaufender Zeit eine stetige Bergab-Richtung.
We
shalb man dennoch das Lichtspielhaus aufgesucht hat um die neueste Asia-Adaption zu begutachten, ist zwei Gründen geschuldet:
Zunächst ist die Sexbombe Jessica Alba („
Sin City“, „Honey“) in der Hauptrolle zu sehen und außerdem stellt das Werk das erste US-Projekt des französischen Regie-Duos David Moreau und Xavier Palud dar, die zuvor mit ihrem atmosphärischen Horrorfilm „
Them“ (2006) sehr angenehm aufgefallen sind.
Doch leider – das darf schonmal vorweggenommen werden – ist „The Eye“, der auf dem chinesischen Schocker von Oxide und Danny Pang basiert, nicht so sehr geglückt, wie man es sich mit Hinblick auf die beiden besetzten Regiestühle gewünscht hätte…
Die attraktive Violinistin Sydney Wells (Alba) ist seit einem Unfall in ihrer Kindheit erblindet und möchte nach einer bitteren Enttäuschung vor einigen Jahren einen erneuten Versuch wagen, durch eine Hornhaut-Transplantation das Augenlicht zurückzugewinnen.
Der Eingriff verlief eigentlich einwandfrei, doch beginnt die junge Frau, nachdem sie wieder die volle Sehstärke erreicht hat, eigenartige und unheimliche Dinge zu sehen. Daraufhin wird sie an den distanzierten Arzt Paul Faulkner (Alessandro Nivola, „
Im Körper des Feindes - Face/Off“) überwiesen, der ihr beim Umgang mit den neuen optischen Reizen helfen soll – nur tut dieser Sydneys quälendes Problem als psychische Störung ab und lässt seine verstörte Patientin zunächst im Stich.
Als die bildlichen Eindrücke immer schlimmer werden, erhofft Sydney in der Geschichte der Hornhaut-Spenderin Antworten zu finden. Mit grosser Mühe kann sie Faulkner überreden, vertrauliche Daten in Erfahrung zu bringen und sie trotz massiver Zweifel auf ihrer Reise nach Mexiko zu begleiten…
Tja, wie bereits erwähnt kann „The Eye“ die doch etwas höheren Erwartungen nicht so recht erfüllen. Zwar ist der Film keineswegs grottenschlecht geraten, nur scheint es fast so, als ob das Studio und/oder die Produzenten ihre Finger doch zu sehr im Spiel gehabt haben, und die Regisseure ihre größten Trümpfe nicht richtig haben ausspielen lassen.
Denn im Prinzip wäre der Stoff geradezu
perfekt für die Fähigkeiten der beiden Franzosen geeignet gewesen – schließlich spielt bei Blindheit ein anderer Sinn, das
Hören, eine entscheidende Rolle. Und mit Geräuschen haben Moreau und Palud ja bereits bei ihrem Erstling, in welchem ein Pärchen in ihrem Haus von unbekannten Eindringlingen terrorisiert wird, ihr Publikum in Angst und Schrecken versetzt, da oft die Gefahr in der Dunkelheit zwar nicht zu sehen, aber durch den Einsatz fieser Audio-Effekte wahrzunehmen gewesen ist.
Leider wird dieses Mittel bei „The Eye“ – trotz vieler Möglichkeiten – nur sehr schwach eingesetzt, und nach dem wiederhergestellten Sehvermögen der Protagonistin mit ziemlich missglückten
CGI-Tricks gekoppelt.
Eigentlich kann die erste Hälfte des Streifens mit langsamem Tempo und einer soliden Inszenierung überzeugen, doch reißt spätestens mit den klischeehaften und inflationären Spukbildern der Spannungsbogen abrupt ab und es folgt ein weiterer Geister-Horror von der Stange –
nicht richtig schlecht, aber eben auch nicht gut!
Im Gegensatz zu ihrem Landsmann Alexandre Aja, dessen Karriere in Hollywood ebenfalls mit einem Remake gestartet ist, haben die eigentlich sehr talentierten Regisseure ihre grosse Chance nicht wirklich ausschöpfen können, was wohlmöglich auch zum Teil an dem Druck der Geldgeber gelegen haben könnte, die den Zuschauern nur ein weiteres schick gestyltes Produkt vorwerfen wollten.
Zusätzlich wird recht schnell klar, dass der verantwortliche Drehbuchautor Sebastian Gutierrez („
Snakes On A Plane“
!!) beim Niederschreiben der Geschichte 1.) eine fast vollständige Kopie des chinesischen Originals angefertigt und er 2.) auch für die wenigen Neuerungen die beliebte und bequeme 08/15-Autoren-Schablone zur Hand genommen hat. Zumindest ist auch der handwerklich und schauspielerisch gute „Gothika“ von Mathieu Kassovitz durch die langweilige Story des genannten Herrn zum gruseligen Einheitsbrei verkommen…
Doch man muss „The Eye“ nach all der Kritik fairerweise auch ein paar positive Punkte anrechnen.
Zunächst wäre da eine faustdicke Überraschung zu nennen, denn der Film lebt zumindest die ersten 45 Minuten von dem Zusammenspiel seiner überzeugenden Hauptdarsteller - mit Namen: Jessica Alba, Alessandro Nivola und die kaum wiederzuerkennende „
Scream 3“-Nervensäge Parker Posey.
Zwar sind deren Leistungen weit hinter jeglicher Award-Nominierungs-Performance, aber die Beziehung zwischen der verletzlichen Sydney und dem arroganten Faulkner funktioniert zunächst ganz gut, um bis zum wirklich erbärmlichen Ende über so manch verpassten Spannungsschub hinwegzuhelfen.
Außerdem ist eben der Beginn mit seinem ruhigen Fluss und dem Fokus auf den dramatischen Aspekt der Geschichte nicht gerade nägelzerkauend-spannend, aber wenigstens so mitreißend geraten, dass man gerne über die zunächst fehlenden Schock-Momente hinwegsieht.
Alles in allem reicht das Resultat nicht gerade aus, um eine echte Empfehlung für den Kinobesuch auszusprechen. Es gibt mit Sicherheit zurzeit wesentlich schlechtere Werke, die auf den hiesigen Leinwänden rumflackern - allerdings verhindert dieser Umstand nicht unbedingt, auch bei diesem Film unterm Strich eine Enttäuschung zu erleben.
Schade…vor allem wegen dem vorhandenen Potential der Mitwirkenden!