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Das Ungeheuer von Loch Ness

Das Ungeheuer von Loch Ness

Ein Film von Eugène Lourié

„Und Gott sprach: Betrachte Behemoth, den Ich geschaffen habe. Und danach...kommen diese seltsamen Gestalten mit Gesichtsmasken und Strahlenschutzanzügen." Ja, ernsthaft. Mit diesem Satz in Grabesstimme vorgetragen, untermalt von Bildern verschiedener Atomversuche, beginnt „Das Ungeheuer von Loch Ness“, einem der letzten Filme von Special-Effects-Legende Willis O'Brien. Kann ein Film mit diesem Beginn denn wirklich schlecht sein? Vor allem wenn er dazu auch noch ein Riesenmonster durch London stapfen lässt? Greifen wir etwas vor: ein Meisterwerk ist der Film sicherlich nicht, aber dafür ein Beispiel für einen Monsterfilm, der in seinen monsterfreien Szenen viel besser funktioniert als in denen mit dem eigentlichen Star, in diesem Falle nicht Godzilla sondern Behemoth. Schnallt euch an, öffnet euch ein Bier, lasst den verregneten Sonntag verregnet sein: es ist wieder Zeit für einen Film aus der „Galerie des Grauens“!

Noch auf einem Vortrag warnt der Wissenschaftler Steve Karnes quasi prophetisch vor den Gefahren von Atomtests: durch eine biologische Kettenreaktion würde zuerst das Plankton radioaktiv verseucht, danach Fische die das Plankton fressen, danach größere Fische die die anderen Fische fressen, und so weiter und so fort. Die Konsequenzen wären durch die Unkontrollierbarkeit des Meeres unabsehbar. Und so kommt es dann auch: an der Küste von Cornwall werden zehntausend tote Fische angespült, und auch das erste menschliche Tode
sopfer ist zu beklagen. Behemoth hat sich erhoben und sorgt bald in London mit seiner Radioaktivität und Elektrizität (oder wie auch immer...) für Angst und Schrecken...

„Das Ungeheuer von Loch Ness“ kommt selbstverständlich nicht aus dem berühmten schottischen See. Nichtmal die deutsche Synchronisation bezieht sich auf Loch Ness. Vielmehr wird das Monster im Film als Behemoth bezeichnet, ein biblisches Ungeheuer. Dem ist sich scheinbar auch die Bevölkerung bewusst, da sogar das erste Todesopfer mit einem „Behemoth!“ auf den Lippen sein Leben aushauchen darf – nur leider bekommt das Filmmonster keinerlei mythologischen Hintergrund spendiert, so dass es völlig isoliert wirkt und gerade die ständigen Behemoth-Referenzen eher fragwürdig erscheinen lässt. Man überlege sich das: der Fischer wird also von der Echse massiv verstrahlt, aber sagt den ankommenden Wissenschaftlern nicht etwa mit seinen letzten Atemzügen „Riesige Echse!“ oder so, sondern bezieht sich auf ein biblisches Urvieh? Ähm, ich glaub das irgendwie nicht. Genauso erzwungen wirkt dann auch die Beerdigung desjenigen welchen, in deren Predigt der örtliche Pfarrer auf einmal auch irgendetwas von Behemoth erzählt. Nein liebe Filmemacher, so recht mag das nicht funktionieren. Auch dass das Design des Monsters munter inkohärent ist, je nach dem welche Puppe gerade benutzt wurde, wirkt eher befremdlich. Aber zu den Effekten kommen wir später, erstmal wollen wir beim Drehbuch bleiben.
Das Ungeheuer von Loch NessDas Ungeheuer von Loch NessDas Ungeheuer von Loch Ness
Dieses ist nämlich ziemlich ambivalent. Positiv ist, dass es teilweise zu Beginn echt ziemlich spannend ist. Gerade die Szene in der Karnes die toten Fische seziert ist toll gemacht, auch dank des in diesen Szenen tollen Scores aus der Feder von Edwin Astley. Auch lässt sich der Film auf ein paar interessante Überlegungen ein, etwa dass man das Monster nicht bombardieren sollte, da sich sonst seine radioaktiven Fetzen über ganz London verteilen (nur leider vergisst das Script hier dann irgendwie, dass im Wasser sich die Radioaktivität halt dann in der Themse verteilt). Womit wir dann auch schon bei den schlechten Seiten wären. Gerade im Vergleich zu etwa Godzilla glänzt hier ein elementarer Bestandteil durch Abwesenheit, der eben Godzilla jenseits der Monsterszenen zu einem interessanten Film macht: das menschliche Drama geht dem vorliegenden Film leider völlig ab, selbst nominelle Hauptfiguren denen man folgen kann fehlen dem Film. Karnes entpuppt sich dann zwar als solche, taucht aber irgendwann erstmal völlig unter und hat selbst im Finale nur eine Statistenrolle, als er tatsächlich im Hintergrund auf einem Stuhl sitzt und quasi gar nix wichtiges macht. Auch John und Jean (bei den Rollennamen bin ich mir nicht sicher) können dem Film nichts hinzufügen und verabschieden sich sang- und klanglos aus der Handlung. Selbst als obligatorische Filmromanze vergisst „Das Ungeheuer von Loch Ness“ die beiden Figuren. Der Rest ist Staffage und allerhöchstens für ein bisschen Exposition zuständig, die aber mangels Hintergrund des Monsters ja ohnehin kaum stattfindet.

Ebenfalls nicht funktionieren mag der Technobabble des Drehbuchs. Da laufen die Leute mit Geigerzähler durch die Gegend ohne was zu finden, da langt ein Charakter an ein pulsierendes Etwas und verbrennt sich daran (dieses Ding wird nie mehr aufgegriffen), und die Themse wird von einem Radar überwacht, das zwar Schiffe und auch Fischschwärme orten kann, aber das Monster halt nicht. Warum? Keine Ahnung. Warum bau ich das dann überhaupt in den Film ein? Keine Ahnung. Die Effekte sind ebenso zweischneidig: die Effekte an Land sind teilweise wirklich super gelungen. Für die Stop-Motion-Puppe war niemand anderes als Legende Willis O'Brien verantwortlich. Mein persönlicher Höhepunkt ist dann auch eine Szene in der das Monster bei Nacht an Stromleitungen gerät und diese niederreißt – das ist zwar eine ziemlich eindeutige Kopie der entsprechenden Szene aus Godzilla, sieht aber nichtsdestotrotz ganz fantastisch aus. Andererseits zeigt sich bei dem Film auch ein übliches Problem solcher Produktionen: die Effekte fallen aufgrund von Zeit- und Budgeteinschränkungen deutlich schlechter aus als sie müssten. Zu nennen sei hier vor allem die Puppe die den Kopf und Hals des Monsters im Wasser darstellt. Diese war eigentlich voll beweglich, wurde aber vor Beginn der Dreharbeiten so beschädigt, dass sie fortan nur noch steif war. Das Ende vom Lied: der Kopf sieht unglaublich billig und starr aus und kippt letztendlich eine menschenleere Fähre um in der sicherlich schlechtesten Effektsequenz des Films. Der scheinbar mit Filzstift gemalte Umriss des Ungeheuers im Wasser ist demgegenüber als „Camp-Faktor“ zu verbuchen, während der Angriff auf ein U-Boot durch einen Brontosaurierkopf (der aber immer noch unser eigentliches Monster darstellen soll) einfach schlampig ist und enorm befremdlich wirkt.

Budgeteinschränkungen zeigen sich beispielsweise auch bei dem sage und schreibe dreimal wiederholten Shot eines zerstampften Autos – nicht etwa über die lange Zerstörungssequenz verteilt, sondern fast direkt hintereinander. Allerdings ist der Streifen filmhistorisch wirklich einigermaßen interessant: er ist quasi ein Remake von Panik in New York, ebenfalls von Regisseur Eugène Lourié und für dessen Effekte Ray Harryhausen, der berühmte Schüler von Willis O'Brien, zuständig war. Panik in New York wiederrum war die Inspirationsquelle für den japanischen Godzilla, von welchem sich dann der vorliegende Film etliche Szenen und Motive ausborgte, so dass der Kreis quasi geschlossen wurde. Als britische Produktion kann der Film aber mit einer gewissen Ernsthaftigkeit punkten, mit der an das Geschehen herangeht. So erklärt sich beispielsweise auch der kaum vorhandene Militarismus und die quasi abwesenden Frauenrollen und damit Romanzen, die amerikanische Genreproduktionen für den Autokinomarkt ja auszeichnen.

Und jetzt ist es mir schon wieder passiert: kaum ein gutes Haar an dem Film gelassen, und trotzdem 4 Sterne vergeben (mit starker Tendenz nach oben!). Der Film bleibt bei allen Fehlern unterhaltsam und kriegt auch eine Empfehlung für Leute, die gerne Monsterfilme schauen aber beispielsweise mit der Suitmation der japanischen Filme nichts anfangen können – falls es solche Leute überhaupt gibt. Denn als günstig produzierter Neffe von Godzilla respektive Panik in New York macht der Film auch dank seiner schönen Stop-Motion-Animation sehr viel Spaß. Und – wie immer bei der Galerie des Grauens – ist die DVD aus dem Hause Anolis wieder großer Sport: nicht nur gibt es wieder zwei Audiokommentare der Herren Keßler und Strecker sowie von Dr. Gießen neben zahlreichen anderen Bonusfeatures, sondern es handelt sich tatsächlich um eine Doppel-DVD! Diese präsentiert den Film in drei verschiedenen Schnittfassungen, so dass man insgesamt reichlich Monsterfutter für sein Geld bekommt.

Persönliches Highlight ist dann der ganz fantastische Trailer zum nächsten Film der Galerie namens Frankensteins Tochter. Ich lecke mir jetzt schon die Finger danach und kann den Streifen kaum erwarten. Der verspricht ganz großes Kino!

Eine Rezension von David Kugler
(21. April 2010)
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Daten zum Film
Das Ungeheuer von Loch Ness Großbritannien, USA 1959
(Behemoth the Sea Monster)
Regie Eugène Lourié Drehbuch Robert Abel, Alan J. Adler, Eugène Lourié
Produktion Artistes Alliance Ltd. Kamera Desmond Davis, Ken Hodges
Darsteller Gene Evans, André Morell, Jack MacGowran, John Turner
Länge Amerikanische und längste Fassung: 76:31 FSK 16
Filmmusik Edwin Astley
Kommentare zu dieser Kritik
Damocles TEAM sagte am 21.04.2010 um 15:13 Uhr

Hier der Trailer zum angesprochenen Frankensteins Tochter:
http://www.youtube.com/watch?v=E9tRKC9_I5s

Grandios!

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