Ich sag's ja immer wieder, liebe Filmfanaten: Es darf kein Äußerstes geben, zu dem wir nicht entschlossen wären. Das beinhaltet natürlich auch, sich ausführlichst dem gesammelten Werk der Produktionsfirma LISA-Film zu widmen, in dem nicht selten beliebte Gesichter unter Vortäuschung einer Handlung an den Wörthersee reisen, um dort - so erklärt man das, wenn man den Schmumpf auf eBay loswerden will: - ein Feuerwerk der guten Laune abzufackeln. Widmen wir uns also mit schwungvollem Anlauf dem Film DAS HAUT DEN STÄRKSTEN ZWILLING UM, der eine der wichtigsten Konstanten der LISA-Film-Produktionen sofort bricht: Der komplette Streifen spielt in München, wo der filmisch strapazierte Wörthersee nicht einmal
erwähnt wird.
Die Hauptrolle in DHDSZU (um den Titel kurzerhand als griffiges Akronym zu gestalten) spielt Peter Weck, der schon 1971 eine gelungene Wahl war, wenn einem der selige Horst Tappert immer viel zu aufregend war. Weck spielt den Vater von Zwillingstöchtern, von denen eine zu Beginn des Films aus England mitsamt der von Weck geschiedenen Frau Mama (Gerlinde Locker) anreist. Und schon wird's lustig! Naja, okay, noch wird gar nichts lustig, aber die Zwillinge beginnen, ein lustiges Verwechslungsspiel mit ihren jeweiligen Verehrern zu spielen, von denen keiner weiß, daß es zwei von der Sorte gibt. So wird's dann auch schon bald komisch!
Nun gut, so richtig komisch wird es noch nicht, aber derweil kriegt Peter Weck ein Kündigungsschreiben zugestellt, daß eigentlich für einen Kollegen bestimmt war, und er schreibt in Rage (und Suff) einen Rachebrief an den Chef, den er nach Aufklärung der Verwechslung wieder zurückbekommen will - zum Glück versuchen gerade drei Ganoven, in das Postamt einzubrechen, so daß Peter ebenso dort einsteigen kann und ... jaja, okay, ich hör' ja schon auf.
Wir merken also: Die Handlung ist eher lose arrangiert. Dafür wurden bei der Besetzung weder Kosten noch Mühen gescheut und eine Reihe von Knallcharg---, äh, Darstellern engagiert, die für höchste Klasse stehen. Der Anführer der drei Ganoven ist Herbert Fux, der sich seine Miete hier sehr sportlich unter anderem dadurch verdient, daß er in eine Baugrube eumelt und sich Farbeimer auf den Kopf fallen läßt. Ebenso Mitglied des Gaunertrios ist Hans Terofal, der in allen sieben Filmen der Reihe
DIE LÜMMEL VON DER ERSTEN BANK den albern herumkasperlnden Hausmeister gespielt hat und diesmal zeigt, daß er auch albern herumkasperlnde Bankräuber in seinem Repertoire hat. Als Lehrer an der Schule taucht nicht nur Ralf Wolter auf, dem die Schüler ein Klavier ansägen, mit Sprungfedern ausstatten, mit weißen Mäusen beladen und mit Sprengkörpern präparieren, sondern auch Herr Dr. Gunther Philipp, der hier erneut beweist, zu was man es im Leben mit einem Doktortitel in Psychologie bringen kann: Er kracht am Barren ein, brettert durch einen Sprungturm, wird auf dem Trampolin mit Elektroschocks bedacht und rast kopfüber von der Kletterstange herab in den Boden.
Ebenso mit von der Partie sind Alexander Grill (der in
AUF DER ALM DA GIBT'S KOA SÜND notgeil über die grünen Alpen hopste), Beppo Brem (der hier unter ständigem Alkoholkonsum ein wenig bayrisch herumpulvern darf), die junge Michaela May, Ilja Richter und - oh Schreck - Christian Anders. Letzterer spielt den Verehrer einer der beiden Zwillingstöchter, und bis zum Schluß des Films hofft man noch, daß er nicht singen wird - aber freilich presst sich Herr Anders zum Finale gleich zwei ölig tropfende Schnulzen aus den Lungen und marschiert dabei mit seiner Angebeteten vor Münchner Bauwerken auf und ab. Ich stelle mir so eine Beziehung ja sehr schwierig vor, in der einer der Partner ständig singt - aber man heiratet ja auch nicht einfach so aus Spaß, gell.
Weil das noch nicht genug Schauwert ist, taucht auch die Wienerin Marianne Mendt auf, die einen ihrer schönsten Erfolge singt (vielleicht ist deshalb auch die Wirtschaft, in der die Szene spielt, so leer). Auch Peggy March singt ein wenig, und sie zieht sich später im Film sogar noch bis auf die Unterwäsche aus. Viel spannender noch der Gastauftritt von Peter Maffay (!), der in einer Bar mit schmusigem Blick herumläuft und die Gäste mit lautstarkem Geträller belästigt - aber getoppt wird das freilich vom spanischen Sänger Miguel Ríos, der in selbiger Bar eine englischsprachige Version von "Freude schöner Götterfunken" als orchestral aufgeblähten Balladentrief schmettert und dabei ständig ein Gesicht macht, als hätte er gerade gemerkt, daß er keine Hosen mehr anhat. Mein lieber Herr Gesangsverein, erhöh' doch schnell den Mitgliedsbeitrag.
"Das ist schon ein sehr plumper Witz", bemerkt Papa Genzel schon nach 5 Minuten, als Peter Weck gerade ein Spiegel auf den Kopf fällt, weil er mit dem nach hinten rollenden Bürostuhl gegen die Wand gekracht ist. "Das ist hart", faßt er den Film dann zusammen, und zwar exakt 3 Minuten später (als Weck durch die Glasscheibe seiner Bürotür stolpert) - ein Resumée, das man auch die restlichen 82 Minuten getrost so stehen lassen kann. Nächstes Mal bitte wieder die Handlung an den Wörthersee verlagern.