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Pirates of the Caribbean - Fluch der Karibik 2

Pirates of the Caribbean - Fluch der Karibik 2

Ein Film von Gore Verbinski

Eine Fortsetzung war unvermeidlich: Das kunterbunte Piratenabenteuer FLUCH DER KARIBIK spielte 2003 mit $140 Mio. Budget weltweit wikipedial dokumentierte $654 Mio. wieder ein. Mit einem Irrsinnsbudget von $225 Mio. wurde also vom Studio ein Sequel angeleiert, das dem großen Reibach noch einen draufsetzen sollte. Natürlich gab es da eine Reihe von Problemen: Das Datum des Kinostarts war schon in Stein gemeißelt, bevor eine Zeile Drehbuch geschrieben wurde. Die Autoren Ted Elliott und Terry Rossio hatten nicht den geringsten Dunst, worum es denn gehen könnte. Das ist für eine Hollywood-Großproduktion nicht unüblich, aber dem organischen Filmschaffen freilich auch nicht förderlich. Und natürlich sollte es keine einfache Fortsetzung sein - nein, es mußten zwei Fortsetzungen sein, die - ähnlich wie die MATRIX-Sequels - einen großen Film ergeben würden und so selbstverständlich als ein gigantisches Projekt gefilmt werden sollten. Und so standen Regisseur Gore Verbinski und seine beiden Schreiber da und durften eine Handlung um all die Eckpfeiler, schon vorhandenen Locations und schon angedachten Actionsequenzen herumstricken. Es zeugt von ihrem Genie, daß dabei ein Film herausgekommen ist.

FLUCH DER KARIBIK 2 (im Original PIRATES OF THE CARIBBEAN 2: DEAD MAN'S CHEST - zugleich unübersetzbares Wortspiel und Anspielung auf ein fiktives Pi
ratenlied) ist eine opulente, auf Elf aufgedrehte Achterbahnfahrt: Kein Wunder, daß die Filmreihe in einem Vergnügungspark ihren Anfang fand. Der Film ist Kino pur - ein geradezu größenwahnsinniges Spektakel, einer Materialschlacht gleich, das nur im Moment existiert und diesen zum cineastischen Extrem emporhebt: Alles in aufregend, grandios, atemberaubend und intensiv, eine perfekte Illusion, die nur im Augenblick lebt und danach verpufft. Das Zweieinhalb-Stunden-Theater ist bis an Rand mit Jerry-Bruckheimer-Angebershots gefüllt, von denen man sich jeden einzelnen als wandgroßes Poster aufhängen könnte: jede Einstellung füllt als episches, überlebensgroßes Meisterwerk die Leinwand wie eine gigantische Erektion aus. FLUCH DER KARIBIK 2 ist purer Sex.

Natürlich gibt es eine Handlung, die - mit gewissen Abstrichen - auch von Zusehern verstanden werden kann, die den ersten Teil verschlafen haben. Was aber genau warum passiert, ist in dem ganzen Radau eigentlich völlig irrelevant: Kapitän Will Turner (stets sauber: Orlando Bloom) muß seine Angetraute Elizabeth (rehäugig: Keira Knightley) aus dem Kerker retten und den Piraten Jack Sparrow (völlig überkandidelt: Johnny Depp) ausfindig machen. Sparrow wird von dem Untoten Kapitän Davy Johns gejagt, der seine Seele fangen will, und sucht daher Johns' Herz, das in einer Truhe vergraben wurde und dem Besitzer Macht über die Meere verspricht - und dann kommen noch ganz andere Leute, die auch alle etwas wollen, aber all das Gehetze dient nur als Motor, um von einem gigantischen Set zum nächsten monströsen Effekt zu eilen. Nicht umsonst setzt sich die Handlung des Films auch erst ungefähr nach einer Dreiviertelstunde in Bewegung.

Da liegt natürlich die Crux des Dramas: Man kann ihn nur als Spektakel genießen, weil nichts davon Substanz hat. So überdreht, wie Johnny Depp spielt, ist der ganze Film: haarsträubend albern, tief dramatisch und total ruhelos. Natürlich macht nichts davon Sinn, aber nichts davon ist auch wirklich ernstgemeint: Es ist ein Abenteuer, dem wir uns ausliefern sollen, ein Feuerwerk der Ideen, das uns wie besessen unterhalten will. Nachdenken kann man woanders.

Die DVD des Films erscheint in zwei Fassungen: eine Einzel-DVD sowie eine Doppel-DVD mit üppigem Bonusmaterial. Dazu gehören ein Audiokommentar mit den beiden Autoren - ein faszinierender Einblick in die Konstruktion des Films - sowie zahlreiche Featurettes zu den verschiedensten Aspekten des Filmes. Am gehaltvollsten fällt dabei "Die Geschichte der Truhe des Todes" aus, das uns in einer Stunde die komplette Hölle zeigt, durch die Gore Verbinski und seine Crew marschiert sind: Daß bei diesem Chaos ein Kinofilm zustande kommt, ist ein kleines Wunder. Natürlich sieht man in anderen Featurettes auch, wie einzelne Effekte entstanden sind - darunter der Krakenmensch Davy Johns, für dessen Kreation ein kleiner Effekt-Geek sicherlich noch viele Trophäen empfangen wird.

Wir rechnen jetzt aus, wieviele Reviews ein durchschnittlicher Mann-beisst-Film-Autor schreiben muß, um $654 Mio. zu verdienen.

Eine Rezension von Christian Genzel
(20. Februar 2007)
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Daten zum Film
Pirates of the Caribbean - Fluch der Karibik 2 USA 2006
(Pirates of the Caribbean 2: Dead Man's Chest)
Regie Gore Verbinski Drehbuch Ted Elliott, Terry Rossio
Produktion
Darsteller Johnny Depp, Orlando Bloom, Keira Knightley, Bill Nighy
Länge 145 FSK 12
Kommentare zu dieser Kritik
Stefan R. TEAM sagte am 20.02.2007 um 12:26 Uhr

Eine sehr treffende Rezension dieses Spektakels, das das Unmögliche wahr gemacht und mehr als 1 Milliarde (!) $ eingespielt hat. Ich bin wirklich gespannt, was uns im kommenden Sommer erwartet.

Stefan R.
Florian TEAM sagte am 20.02.2007 um 12:30 Uhr

"eine gigantische Erektion" :-) trifft es genau, bezeichne Filme wie "Fluch der Karibik 2" gerne als "visuellen Orgasmus"
Damocles TEAM sagte am 20.02.2007 um 13:13 Uhr

Eigentlich wollte ich mich nicht zu Reviews anderer Autoren äussern, aber hier muss ich einfach mal, da ich mit dem Review ganz und gar nicht übereinstimme. Vor allem dieser Satz "disqualifiziert" das Review schon zu Beginn:

"Und so standen Regisseur Gore Verbinski und seine beiden Schreiber da und durften eine Handlung um all die Eckpfeiler, schon vorhandenen Locations und schon angedachten Actionsequenzen herumstricken. Es zeugt von ihrem Genie, daß dabei ein Film herausgekommen ist."

Es zeugt absolut überhaupt nicht von Genie, wenn jemand es schafft, eine "Story" um bereits vorhandene Actioneckpfeiler herum zu konstruieren. Erstens ist die Story in FdK2 keinen Schuss Pulver wert (im Endeffekt passiert in dem ganzen Film nichts relevantes, die Ausgangssituation am Ende ist die selbe wie am Anfang, nur eine Sache hat den Besitzer gewechselt. Und das eine Person im dritten Teil wieder auftauchen wird, ist ja von vornherein klar). Eine Story ohne voranschreitender Handlung auf ca. 150 Minuten aufzublasen bedarf sicherlich eines Genies - aber eher eines wahnsinnigen Genies.
Zweitens zeugt das nicht von der Genialität der Verantwortlichen, weil sonst jeder C-Filmer ein Genie unter den Filmschaffenden wäre. Auch dort ist es gang und gebe, mit engen Deadlines und bereits vorhanden Actionszenen (in diesem Fall Stock Footage) einen Film zu machen und die Geschichte um die Actionszenen im Nachhinein aufzubauen (Quelle: Interview mit Jim Wynorski, nachzulesen unter http://194.116.186.213/content/jim.html).
Das Problem des modernen Blockbuster-Kinos in Hollywood sind gerade seine Effekte und Actionszenen: Die Geschichte wird erzählt, um der Effekte willen. Was nicht bedeuten soll, dass jeder grosse Effektfilm schlecht ist. Der gerade herausgekommene (grossartige) Pan's Labyrinth, oder auch der "moderne Klassiker" Herr der Ringe benutzen ihre Effekte, um eine Geschichte zu erzählen. Hier tritt die Geschichte vor die Effekte, die Effekte werden Mittel zum Zweck - in FdK2 ist es genau andersrum, die Geschichte wird Mittel zum Zweck, die Effekte sind der Zweck.

Und auch wenn man die ersten Punkte vernachlässigt, sind die Drehbuchautoren alles andere als Genies, da die Geschichte einfach schlecht ist. Man hat den Eindruck als ob die Autoren noch nie etwas von Spannungsbogen oder überhaupt von Dramaturgie gehört haben. Es gibt keinen Höhepunkt des Films, es gibt nur (absurd-dumme) Actionsequenzen nacheinander: z.b. der Kampf auf dem Laufrad. Warum zum Geier rennt Johnny Depp überhaupt den Turm hoch, der zu dieser Sequenz führt? Was will er dort oben? Die ganze Szenerie dient wiederrum nicht der Geschichte, sondern nur dem Zweck: dem Effekt.

Dass das ganze visuell toll umgesetzt ist, steht natürlich nicht zur Diskussion - ich hätte mir eine erwachsene Gruselvariante gewünscht, da die Crew von Davy Jones toll gemacht war. Und trotzdem hat der Film keine Seele: wie gesagt, die "Angebershots (toller Ausdruck :), die absolut austauschbare Musik von Hans Zimmer, etc. Ein Blockbuster unter vielen, der das Kommerzstreben von Michael Bay in neue Sphären treibt.

Hier bitte nicht falsch verstehen, ich bin mir bewusst, dass ~98% aller Filme aus kommerziellen Interessen gedreht werden. Und doch haben viele noch eine Seele dahinter, Leute die sich dafür begeistern konnten - selbst der erste Teil von FdK war noch mit Herzblut gemacht (davon zeugt allein die Tatsache, dass die Verantwortlichen den Mut aufbrachten, einen Piratenfilm wieder ins Kino zu bringen - nach dem phänomenal gefloppten "Piratenbraut" von Renny Harlin). Aber FdK2 ist so austauschbar, angepasst, langweilig, konventionell, bescheuert, aalglatt - wie schlechter Sex, um an deinen Vergleich anzuknüpfen.

Ich kann dem Film nur ein mangelhaft geben, und das wird auch nur durch das Spiel von Depp, durch die Anwesenheit von Keira Knightley und durch das tolle Design der Davy Jones Crew gerettet.

Ganz grosses und mieses Hollywood-Kino.
Axel sagte am 20.02.2007 um 13:45 Uhr

Ich bin auch der Meinung, dass der zweite Teil den Charme aus dem ersten Teil nicht mehr hat und offenbar ein Bild zu einem bereits vorhanden Rahmen gemalt werden musst, statt umgekehrt.
Ich liebe den Score und finde Johnny Depp klasse, war sehr beeindruckt von den Masken, aber sonst hat der Film eher enttäuscht.
Florian TEAM sagte am 20.02.2007 um 14:41 Uhr

Ohne Johnny Depps Auftritte wäre er sicher langweilig. Allerdings habe ich schon den ersten Teil als dfurchschnittlich empfunden. Der zweite Teil hatte immerhin nicht mehr diesen Disney-Charaktere für die ganze Familie(oh die Disney Fans werden mich wieder lynchen :-), sondern etwas mehr Gewalt und Brutalität.
sagte am 21.02.2007 um 14:20 Uhr

Also ich bin ebenfalls der Meinung dass Teil 1 und 2 beide nicht zu den allerbesten Filmen gehören. Von daher gesehen fand ich den einen so gut wie den anderen.
Es ist Johnny Depp der diesem Film das gewisse Etwas gibt. Durch die Rolle des Captain Jack Sparrow wird der Film einzigartig. Ich meine wer rennt schon so unglaublich bescheuert...

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