„Ein Obdachloser mit einer Shotgun! Wenn das nicht zieht, haben die Zuschauer einfach keinen Sinn für schlechten Geschmack mehr!“ – Vielleicht sind das die Worte gewesen, die der Newcomer-Regisseur Jason Eisener euphorisch ausgestossen hat, als ihm die Idee zu seinem „Grindhouse“-Trailerbeitrag „Hobo With A Shotgun“ in den Sinn gekommen ist.
Der dazugehörige Spielfilm mit einem gealterten Rutger Hauer („Türkische Früchte“, „Blade Runner“) in der Titelrolle ist nun ebenfalls abgedreht und soll als Gegenstand der folgenden Rezension dienen.
Auch wenn die Vorstellung eines umherwütenden, schwer bewaffneten „Hobos“ eigentlich recht unterhaltsam und irrwitzig anmutet, so sei bereits vorweggenommen, dass die Qualität des Resultates ein ganzes Stück hinter selbst niedrigen
Exploitation-„Erwartungen“ zurückbleibt.
Dabei hat sich Eisener ganz schön Mühe gegeben, bloß alle wichtigen Zutaten für ein gelungenes Trash-Fest zusammenzukratzen:
Eine banale „Story“, geschmacklose Späße, unterirdische Schauspieler und eine Menge Kunstblut...
Vielleicht hätte er dann auch mal besser auf den allzu tragischen Unterton der Geschichte verzichten sollen – die mal warmherzige, mal völlig bekloppte Stimmung des Films ergibt nämlich nie wirklich ein homogenes Gesamtbild.
Und mal ehrlich: Wer will sich schon eine Karte für einen Streifen mit dem plakativen Namen „Hobo With A Shotgun“ kaufen und dann ein Drama über einen verbitterten, aber dennoch aufopferungsvollen Obdachlosen sehen?
Für eine solche Story wäre eine andere Inszenierung wohl auch irgendwie passender gewesen...
Über weite Strecken erinnert das Werk an ein typisches
Troma-Output à la „
Surf Nazis Must Die“, das sich zunächst nur aufgrund des soliden Spiels von Hauer, der wirklich gelungenen Kameraarbeit von Multitalent Karim Hussain („Subconscious Cruelty“, „
The Theatre Bizarre“) sowie den überflüssigen Drama-Einlagen von den üblichen Projekten der berühmt-berüchtigten Company abhebt.
Erst während des ultrablutigen Finales in der letzten halben Stunde gewinnt der Film angenehm an Fahrt und kann den zuvor negativen Eindruck noch knapp aufs Mittelmaß hieven.
Irgendwann in der Mitte von „Hobo With A Shotgun“ betritt ein dämlich grimassierender Bösewicht namens Slick mit einem Flammenwerfer einen Schulbus und tötet (nach einer wohl als besonders cool erachteten Ansprache) die darin befindlichen Kinder.
Es ist der Moment in Jason Eiseners Arbeit, in welchem man als moralisch gefestigter Zuschauer nur ungläubig den Kopf schütteln und sich fragen kann, ob der Regisseur mit dem offensichtlich sehr zweifelhaften Humor überhaupt daheim mal die Flimmerkiste anstellt, um gelegentlich die Nachrichten zu verfolgen.
Lange hat der Rezensent mit sich gerungen, dem Film nicht bereits aufgrund der erwähnten Szene das
Aus zu attestieren.
Zum Glück heben spätere Fantasy-Elemente diesen grimmigen Aspekt ein wenig aus der realen Angel und verlegen das Geschehen in ein eher comichaftes Paralleluniversum, dessen Szenario sich aufgrund der Distanzierung noch irgendwo akzeptieren lässt.
„Hobo With A Shotgun“ beginnt zu den Klängen von Michael Holm („Hexen bis aufs Blut gequält“) mit einem typischen Westernmotiv: Ein Fremder kommt in die Stadt.
Der Obdachlose (Hauer) sieht sich dort allerdings schon bald mit einer derartigen Gewaltbereitschaft und Feindseligkeit gegenüber seinesgleichen konfrontiert, dass er schließlich seine Ersparnisse nicht für den gewünschten Rasenmäher, sondern für eine Shotgun auf den Ladentisch legt.
Um in dem Moloch mal ein wenig für Recht und Ordnung zu sorgen, wird er zum erbarmungslosen Rächer, der ohne mit der Wimper zu zucken den Abzug betätigt...
Natürlich gibt es da auch noch eine Frau in der Geschichte, um die sich unser Held sorgt.
Diese ist hier die Prostituierte Abby (Molly Dunsworth), die sich nach ihrer Rettung vor einer Vergewaltigung rührend um „Hobo“ kümmert.
Jason Eisener möchte in seinem Film unbedingt noch auf Biegen und Brechen den Kampf gegen die Missachtung und Unterdrückung der Bettler thematisieren – doch dieser Versuch geht ihm gründlich in die Hose!
Die Gratwanderung zwischen modernem
Exploitation-Schund und Satire, wie sie Robert Rodriguez in „Machete“ (2010) trotz leichter Abstriche noch geglückt ist, funktioniert bei „Hobo With A Shotgun“ nicht.
Das haarsträubend pubertär gezeichnete Feindbild erstickt bereits bei seiner Einführung sämtliche ernsteren Ambitionen im Keim.
Tatsächlich fällt es sogar richtig schwer, das grausam-peinliche Overacting der Schurken ohne Schmerztabletten über die gesamte Laufzeit zu überstehen – so abgrundtief schlecht ist es!
Was bleibt, ist das schick fotografierte Abenteuer eines rebellierenden Obdachlosen, das erst in der zweiten Hälfte seine eigentlichen „Stärken“ auszuspielen vermag und davor mit einer eigenartigen Mischung aus Geschmacklosig- und Bitterkeit die Nerven strapaziert.
Zumindest der Rezensent hat sich bei diesem Schmu leider deutlich weniger gut unterhalten gefühlt, als er es im Vorfeld erwartet hätte.
Er vermutet allerdings, dass vor allem
Troma-Anhänger und Zuschauer mit einem gewissen Zugang zu dem dargebotenen „Humor“ dem Werk mehr abgewinnen können.
Von einem Rodriguez, Tarantino, Zombie oder Roth ist Eisener definitiv noch ein gewaltiges Stück entfernt.
Unterm Strich gibt es hier noch ein wohlwollendes
Ausreichend mit Hinblick auf die Zielgruppe und Hoffnung auf Besserung...