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SS Hell Camp

SS Hell Camp

Ein Film von Luigi Batzella

Das besetzte Italien in der Endphase des Zweiten Weltkriegs. Erbittert kämpfen Partisanentruppen gegen die Nazi-Schergen, die sich nahe einer ländlich gelegenen Ortschaft ein Konzentrationslager errichtet haben - alle Männer der kleinen Stadt sind entweder gefallen oder haben sich als Widerständler in die schützenden Wälder zurückgezogen. Zurück bleiben die Frauen, die den skrupellosen Besatzern schutzlos ausgeliefert sind und reihenweise verschleppt werden um im KZ als Versuchskaninchen in bizarren Experimenten zu dienen. Die Lagerkommandantin und Ärztin Dr. Ellen Kratsch (Macha Magall) führt ein strenges Regime und lässt willkürlich Gefangene foltern und hinrichten. In einem Käfig hält sich die sadistische Doktorin einen genetisch manipulierten Affenmenschen, dem regelmäßig Jungfrauen geopfert werden und der unter einer ständigen Überdosis eines starken Aphrodisiakums steht.

Scheint SS HELL CAMP auf den ersten Blick ein reiner Lagerfilm zu sein (startet er doch gleich in vertraut obskuren Kulissen, die sich deutlich am Vorbild ILSA orientieren und auch die Ober-Schergin steht in dieser Tradition), widmet er sich über weite Strecken eher dem heillos glorifizierten Widerstand. Überhaupt scheint sich hier jeder Italiener gegen die Deutschen aufzulehnen - ein typisches Element der überwiegend italienischen Naziploitation-Reißer, die insofern Geschichtsrevisionismus betreiben, weil der italienische Faschismus nahezu ausschließlich unerwähn
t bleibt. So befinden sich auch hier nur aufrechte Männer im Kampf gegen die Nazis, unter ihnen Brad Harris als an Gott und den Menschen zweifelnder Priester.

Macha Magall, die als Schauspielerin keinen Durchbruch erlebte und nur in einer spärlichen Anzahl von Filmen mitwirkte, lehnt ihre Figur überdeutlich an Dyanne Thorne an, die ihre Paraderolle Ilsa zum Maß aller Dinge für das madige Subgenre etablieren konnte. Wie auch in den kanadischen Independent-Hits von Don Edmonds spielt der Faschismus besonders in einem sadomasochistischen Kontext eine Rolle, von der Domina-Herrin über den Uniformen-Fetisch bis hin zum erotischen Spannungsverhältnis zwischen Täter und Opfer wid wirklich die ganze Bandbreite bedient. Letzteres findet Ausdruck in einer grafisch völlig harmlosen, psychologisch allerdings perfiden Sequenz, in der Magall zunächst einen gefesselten Gefangenen befriedigt, um im nächsten Moment einen anderen zu kastrieren. Selbst das Element der anhaltenden Vergewaltigungen zur psychischen Zermürbung des Gegners sind keineswegs von den Drehbuchautoren erdacht.

Regisseur Luigi Batzella (dem offenkundig ein verschwindend geringes Budget zur Verfügung stand) bedient sich eines beliebten Tricks, zu dem Genre-Kollegen wie Joe D'Amato, Jess Franco und Bruno Mattei ebenfalls oft griffen um einen unterproduzierten Film auf abendfüllende Länge zu strecken: Er recycelt - neben einigen unmotiviert installierten Archivaufnahmen - massenweise Sequenzen aus seinem eigenen Kriegsfilm CAMPANA (1970 veröffentlicht und in der Bedeutungslosigkeit versickert), aus dem ein erheblicher Teil der Partisanen-Storyline stammt, sowie sämtliche Action und die meisten Szenen mit Brad Harris. Um einen kohärenten Anschluss zu finden verpflichtete Batzella die gleichen Darsteller nochmals und schafft es, zwei völlig unterschiedliche Erzählstränge (die auch in anderem Tempo funktionieren und nicht einmal das gleiche Genre bedienen) einigermaßen auszubalancieren. Das es in den Übergängen zu deutlichem Wechsel unterschiedlichen Filmmaterials kommt, verleiht dem Gebotenen einen charmant-trashigen Reiz. Das sich die verschiedenen Stränge teilweise wirklich zu ergänzen scheinen, ist Batzellas gekonnter Schnitt-Technik zu verdanken - da er als Regisseur beider Filme mit dem vorhandenen Material bestens vertraut war und das Projekt scheinbar gezielt so inszeniert wurde, wirken nur die wenigsten Übergänge holprig.

In der Zeigefreudigkeit der Folterungen platziert sich SS HELL CAMP irgendwo im Mittelfeld des Subgenres, in dem allgemein mehr gebellt als gebissen wird. Die gröbste Gewalt findet offscreen statt (wie die angesprochene Kastration), in den Schießereien fehlen Shoot-Outs völlig. Nur einige explizite Folterungen fallen aus dem Rahmen - so werden einer Frau in Großaufnahme die Fingernägel gezogen, eine andere wird bei lebendigem Leib von einer Ratte angefressen. Dies ist aber meist so plump umgesetzt, das sich die eigentlichen Szenen im Lager eher als kurzweiliger Trash eignen. Und mal ehrlich: Kann ein Film schlecht sein, der einen behaarten Affenmenschen in einem Käfig beinhaltet? Natürlich nicht.

Mit eben diesem hechelnden Monstrum hat sich der ewige Nebendarsteller Salvatore Baccaro auf denkbar bizarre Weise in der Filmgeschichte verewigt. In der wohl härtesten Szene des Films darf Baccaro über eine nackte junge Frau herfallen, doch begnügt er sich nicht mit einer konventionellen Begattung: Lustvoll grunzend und schnaufend reisst der er Dame Schamhaare und später sogar Schamlippen heraus, was sich aufgrund des eher schlampigen Make-Ups nicht so ganz auseinander halten lässt. In jedem Fall ist Batzellas SS HELL CAMP ein unvergesslicher Heuler, der in der englischen Synchronfassung nur als Trash funktionieren kann, hinter dieser amüsanten Fassade aber auch sorgfältig arrangierte und kombinierte Bildkompositionen erkennen lässt und als überzeichnete Satire auf den Rassenwahn der Nazis schon fast den historisch-kulturellen Tabubrüchen eines Jörg Buttgereit ähnelt.

Eine Rezension von Marco Siedelmann
(16. März 2010)
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Daten zum Film
SS Hell Camp Italien 1977
(La bestia in calore)
Regie Luigi Batzella Drehbuch Lorenzo Artale, Luigi Batzella
Produktion Roberto Pérez Moreno Kamera Ugo Brunelli
Darsteller Macha Magall, Gino Turini, Brad Harris, Edilio Kim, Xiro Papas, Salvatore Baccaro
Länge 86 Minuten FSK -
Filmmusik Giuliano Sorgini
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