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von Christopher Smith




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Happy-Go-Lucky

Happy-Go-Lucky

Ein Film von Mike Leigh

Der Brite Mike Leigh gehört in seiner Heimat zur Zeit ohne Zweifel zu den wichtigsten Regisseuren. Und obwohl er sonst eher schwereren Dramen zugewandt war, bringt Leigh nun eine beinahe lupenreine Komödie hervor, die es wirklich in sich hat. “Happy-Go-Lucky” ist energisch-pointiertes Eiskonfekt mit existenzialistischem Kern; mutiges Feel-Good-Kino, das sicherlich nicht jeder mit offenen Armen empfangen wird. Dass das Konzept des Films aufgeht, liegt auch - und vielleicht vor allem - an Hauptdarstellerin Sally Hawkins, die für ihre zauberhafte Darstellung der quietschfidelen Poppy auf der Berlinale mit dem Silbernen Bären ausgezeichnet wurde.

Würde man Poppy (Sally Hawkins) als aufgeweckt bezeichnen, würde das den Kern der Sache nicht annähernd treffen. Die Grundschullehrerin ist so putzmunter, dass sie ihre Mitmenschen mit ihrer guten Laune glatt ansteckt. Zusammen mit ihrer Mitbewohnerin Zoe (Alexis Zegerman) albert sie die meiste Zeit herum, einen festen Freund hat sie bisher jedoch noch nicht gefunden. Ihr cholerischer Fahrlehrer Scott (Eddie Marsan) jedenfalls, der ihr zur Begrüßung noch nicht einmal die Hand reichen will, käme diesbezüglich wohl nicht in Frage. Dann trifft Poppy auf der Arbeit den Sozialarbeiter Tim (Samuel Roukin)…

Nach dem letztjährigen Oscar- Hit “Juno” ist Mike Leighs “Happy-Go-Lucky” nun die nächste nennenswerte Produktion aus dem Fach der intelligenten Komödien, welche bei der nächsten Ver
leihung von der Academy zumindest nicht ganz unbeachtet bleiben sollte. Denn der Film begeistert mit einem fantastischen Gespür für Stimmungen und Situationen und einer gehörigen Portion Charme und Humor. Das hervorragende Drehbuch soll Regisseur Mike Leigh größtenteils in Improvisationen mit seinen Darstellern entwickelt haben. Und so bietet sich dem Zuschauer offenbar keine fest strukturierte Handlung, sondern eher eine Momentaufnahme aus dem Leben von Poppy, die nach allen Seiten offen ist und die sich mehr oder weniger im Kreis dreht. Die Dialoge sind stets originell, spritzig und öfters auch mit einem subtilen Unterton. Vom klamaukigen Schnenkelklopfer ist das Skript derweil so weit entfernt wie die Erde vom Mars. Die durch die Bank charmanten Charaktere spielen sich auf herzerfrischende Weise die Bälle zu und verlieren sich in teils herrlich skurrilem Wortwitz.

Die Figuren sind allesamt direkt aus dem realen Leben gegriffen, werden aber ganz bewusst ein wenig überdehnt. Besonders lustig sind in dieser Hinsicht die regelmäßigen Fahrstunden Poppys bei Scott. Er gibt den grimmigen Griesgram, der an allem etwas auszusetzen hat, sie die überdrehte, fast schon hysterische Frohnatur, die ihm jedes Wort im Mund umdreht und ihn damit zur Weißglut bringt. Das Timing dieser Szenen in Sprache und Gestik ist perfekt. Jede einzelne Figur besitzt ihren markanten Touch und bringt eine grundlegende Abwechslung in das Gesamtbild. Leigh setzt dazu eine überaus verspielte, farbenfrohe Optik ein, die dem Inhalt der Geschichte vollends gerecht wird. Dies äußert sich unter anderem in den bunten Outfits von Poppy.

“Happy-Go-Lucky” ist aber ebenso warmherzig wie witzig. Mike Leigh schafft anhand von dramatischen Schicksalen ernste Situationen, um ihnen dann entweder die nötige Portion Hoffnung entgegenzubringen, oder sie in letzter Sekunde mit entwaffnendem Humor aufzulockern. Der Film unterscheidet sich eben deutlich von Leighs früheren Werken, deren Themen eher kritisch waren, wogegen “Happy-Go-Lucky” ein durchweg optimistischer Film ist. Viele Leigh-Fans werden daher erst einmal wenig mit dem Film anfangen können.

Sally Hawkins kreiert mit der Rolle der Poppy einen völlig eigenen und eigenwilligen Charakter, der den naiven Frohsinn geradezu zelebriert, und legt damit eine Galavorstellung hin. Auch wenn ihr skurriles Auftreten zunächst etwas befremdlich wirkt, schafft sie es zunehmend, das Publikum mitzureißen und für sich zu gewinnen. Allerdings muss ihre Poppy zum Schluss erkennen, dass sie mit ihrer Hyperaktivität ebenso auf Gegenwind stoßen kann. Sehr komisch ist auch die Darbietung von Eddie Marsan als Poppys Fahrlehrer. Marsan interpretiert diese Figur wunderbar schrullig und ist sogar für den einen oder anderen Running Gag gut. Den unschuldigen Blick, den Scott Poppy am Ende zuwirft, möchte man am liebsten einrahmen und an die Wand hängen. Die übrigen Rollen sind ebenfalls toll besetzt, auch wenn die eine oder andere Nebenfigur im Schatten von Hawkins ein wenig verblasst.

Mike Leigh vollbringt mit seiner luftig-lockeren, aber auch tiefgründigen Komödie “Happy-Go-Lucky” das Kunststück, mit einer im Grunde kaum wahrnehmbaren Handlung von der ersten bis zur letzten Minute prächtig zu unterhalten, auch wenn hier und da der Ton verfehlt wird. Maßgeblich dazu bei trägt natürlich auch die wunderbare Sally Hawkins, die ihrer Figur abgesehen von der darstellerischen Klasse auch ein Maximum an Glaubwürdigkeit verleiht. Leighs traumwandlerisches Gespür für eine charmante, warmherzige Geschichte und seine stilsichere Auswahl der Charaktere sollten doch eigentlich auch die Oscar-Jury aufhorchen lassen!?…

Eine Rezension von Christopher Michels
(29. Januar 2009)
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Daten zum Film
Happy-Go-Lucky GB 2008
(Happy-Go-Lucky)
Regie Mike Leigh Drehbuch Mike Leigh
Produktion Universum Film
Darsteller Sally Hawkins, Eddie Marsan, Alexis Zegerman
Länge 114 Minuten FSK ab 6
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