Am Weihnachtsabend erhört der 8-jährige Jonah (Ross Malinger) in Seattle den Aufruf der Psychologin Dr. Marcia Fieldstone, einen persönlichen Weihnachtswunsch per Telefon mit allen anderen Zuhörern ihrer landesweit ausgestrahlten Radiosendung zu teilen. Und so erzählt Jonah live on Air, dass sein Vater Sam (Tom Hanks) dringend eine neue Frau braucht. Jonas Mum ist etwa anderthalb Jahre zuvor einer Krebserkrankung erlegen. Der Psychologin gelingt es, Sam selbst ans Telefon zu locken und ihn dazuzubringen, von seiner verstorbenen Frau und seiner fortdauernden Liebe zu ihr zu erzählen.
Unter den Zuhörern der Radiosendung ist zu dieser Zeit auch Annie (Meg Ryan). Eigentlich ist sie glücklich verlobt und plant freudig ich zukünftiges Leben als Ehefrau. Doch Sams Geschichte rührt sie zutiefst, und sie beginnt, an ihrer eigenen Beziehung zu zweifeln: sollte eine Ehe ausschließlich die Krönung einer wahrhaft „magischen“ Liebe sein, wie kürzlich schon ihre eigene Mutter angemerkt hat? Und führt sie selbst eine solche Beziehung?
Nach gutem Zureden ihrer besten Freundin (Rosie O'Donnell) und erneutem Genuss des Films "Die große Liebe meines Lebens" beginnt Annie, einen Brief an Sam und Jonah zu schreiben. Doch ebenso wenig wie Sam sich für die Unmengen an Briefen von Frauen aus dem ganzen Land interessiert, kann Annie sich überwinden, ihren eigenen Brief fertig zu schreiben und abzuschicken. Wie kommt es dann aber, dass sie eine Antwort aus Seattle er
hält, mit der Einladung sich am Valentinstag auf dem Dach des Empire State Buildings in New York zu treffen?...
Was "
Star Wars" für Science-Fiction-Fans, "
Rambo" für heimliche Einzelkämpfer und Walt Disneys "Das Dschungelbuch" für Liebhaber der Zeichentrickkunst, das ist
"SCHLAFLOS IN SEATTLE" für alle hoffnungslosen Romantiker. Der Film ist zurecht einer der populärsten seines Genres, vielleicht die ultimative romantische Komödie überhaupt. Kein Wunder, dass er für seine beiden Hauptdarsteller einen Segen und einen Fluch zugleich darstellte. Einerseits verschaffte er
Tom Hanks und
Meg Ryan neue Dimensionen der Bekanntheit, andererseits initiierte er im Bezug auf die Beiden ein regelrechtes Schubladen-Denken. Zwar hat Tom Hanks es mittlerweile fertiggebracht, sich auch außerhalb des Genres einen Namen zu machen und sich mit Rollen wie jenen des mit einem einzigartigen Weltbild gesegneten Forest Gump im gleichnamigen Erfolgsfilm oder des gegen Diskriminierung und Ablehnung kämpfenden Andrew Beckett in "Philadelphia" als Charakterdarsteller zu etablieren; Meg Ryan jedoch scheint im Fach der romantischen Komödie regelrecht einbetoniert zu sein. Ihre dramatischen Rollen, beispielsweise in "When a Man Loves a Woman" oder "Mut zur Wahrheit" wurden zwar gewürdigt, spielen aber in ihrem Curriculum Vitae insgesamt eine eher untergeordnete Rolle. Jedenfalls sind es seit "Harry und Sally" (der ebenfalls aus
Nora Ephrons Feder stammte) definitiv die verrückt-romantischen Figuren, die man zuerst mit dem Namen Meg Ryan in Verbindung bringt.
Zumindest im Falle von
"SCHLAFLOS IN SEATTLE" ist das aber gar nicht so tragisch. Denn hier ist ihr Name untrennbar verbunden mit einem modernen Klassiker, der unter Liebhabern des Genres schon regelrechten Kultstatus genießt. Vollkommen gerechtfertigt. Denn Regisseurin und Drehbuchautorin Nora Ephron erzählt nicht nur eine wunderbare Geschichte, sie hat sie auch einfallsreich verpackt und wundervoll inszeniert. Dabei bewies sie ein mehr als talentiertes Händchen, denn eine Geschichte wie diese kann leicht ins unangenehm Kitschige abrutschen. Doch davon kann hier überhaupt keine Rede sein. Jede Szene, jede Entwicklung wirkt leicht und natürlich. So konstruiert manche der „Zufälle“ im Grunde genommen auch sein mögen, so selbstverständlich treiben sie die Handlung voran, ohne auch nur einen Moment lang als krampfhaft erzwungene Glücksfälle auf dem Weg zum Happy End anzumuten und damit ein Gefühl der Ablehnung beim Zuschauer zu erwecken.
Eine enorm gewichtige Rolle spielen dabei natürlich die Darsteller, die allesamt mit ihrem unbeschwerten und humorvollen Spiel die Glaubhaftigkeit des Films unterstützen. Bis in die Nebenrollen ist
"SCHLAFLOS IN SEATTLE" beeindruckend besetzt, was den ohnehin großartig ausgearbeiteten Figuren nur zu Gute kommt. Doch vor allem Tom Hanks und Meg Ryan machen den Film wahrhaft unvergesslich. Obwohl sie kaum gemeinsam auf der Leinwand erscheinen, lebt der Film zu einem großen Teil von der einzigartigen Chemie, die sie zwischen sich aufbauen und welche sie im zweiten Versuch, "E-Mail für dich", nicht noch einmal auf dem selben Niveau erreichen sollten.
Wie Nora Ephron im auf der DVD enthaltenen Audiokommentar erzählt, wollte sie eine zeitlose Geschichte erzählen (wobei die ständigen Referenzen auf den Klassiker "Die große Liebe meines Lebens" von 1957, die sich wie ein roter Faden durch den Film ziehen, allein schon eine Brücke zwischen den Jahrzehnten schlagen und die Geschichte damit aus einem allzu definierten zeitlichen Kontext herausheben). Dies spiegelt sich vor allem auch in der Auswahl der filmbegleitenden Songs wider. In der bemerkenswerten Kombination von klassischen Stücken in ihrer ursprünglichen Form (wie Louis Armstrongs „A Kiss to Build a Dream on“ oder Tammy Wynettes „Stand by Your Man“), neu aufgenommene Variationen bekannter Stücke (zum Beispiel Carly Simons Version des Frank Sinatra Hits „In the Wee Small Hours of the Morning“) und dem gänzlich neuen Track „A Wink and a Smile“ von Harry Connick, Jr. ist den Verantwortlichen ein absolutes Meisterstück an Soundtrack gelungen. Die neu aufgenommenen Tracks passen sich im Stil hervorragend an den restlichen Score an und bilden eine harmonische Gemeinschaft mit den bekannten Klassikern, als wären die Songs bereits zu ihrer Entstehungszeit als Einheit für den Film vorgesehen worden.
Gerade weil
"SCHLAFLOS IN SEATTLE" mühelos im Stande ist, eine im Grunde genommen träumerische Phantasie real und erfüllbar erscheinen zu lassen, bleibt vor allem der nach Romantik lechzenden Zuschauer mit drei wesentlichen Gedanken zurück:
Erstens: Für den nächsten Videoabend sollte unbedingt "
Die große Liebe meines Lebens" auf die Ausleihliste gesetzt werde, um zu testen, ob Deborah Kerr und Cary Grant auf einen selbst einen ebenso nachhaltigen Eindruck hinterlassen wie auf Annie und Co.
Zweitens: Man darf niemals an seinem (oder ihrem) Herzen zweifeln. Solange man nur auf die eigenen Gefühle und diese Etwas genannt Instinkt vertraut, ist alles möglich.
Und drittens: Wir dürfen weiter daran glauben, dass es sie tatsächlich gibt – die große Liebe. Und vor allem: sogar wenn man glaubt, diese Liebe schon einmal gefunden und wieder verloren zu haben, darf man weiter hoffen. Denn es gibt für jeden Gläubigen (selbst für Denjenigen, der sich selbst bereits aufgegeben zu haben scheint) eine zweite Chance.
Tja, so etwas nennt sich dann wohl ‚Happy End mit gefühltem Sahnehäubchen’. *seufz*