In regelmäßigen Abständen hat sich hier auf mannbeisstfilm.de ja bereits das ein oder andere B-Picture aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten angesiedelt, natürlich aus den 50er Jahren und im weitesten Sinne dem Science-Fiction oder Horror-Genre angehörig. Nachdem im Hause Anolis momentan Pause ist und die Fortsetzung der ersten Reihe vorbereitet wird, bietet sich doch mal ein Blick auf die andere Seite der Medaille an: entgegen erster Planung (ich wollte ursprünglich mit einem weitere Jack Arnold oder Ray Harryhausen Film weitermachen) schauen wie uns mal ein Science-Fiction-Werk der A-Klasse an, das damals sogar den Oscar für Spezialeffekte gewann, storymäßig aber genauso gut ein B-Movie sein könnte. Vorhang auf für „Der jüngste Tag“ aka „When Worlds Collide“.
Kurierpilot David Randall erhält einen heiklen Auftrag: er soll Bildmaterial frisch aus dem Kepler-Observatorium nach New York überführen, damit der dort ansässige Wissenschaftler Dr. Hendron einen schrecklichen Verdacht prüft – zwei Planeten die einander umkreisen befinden sich auf Kollisionskurs mit der Erde! Der kleinere Planet Zyra wird an der Erde vorbeiziehen und dabei schwere Naturkatastrophen auslösen, bevor Bellus – der größere von beiden – mit der Erde kollidieren und diese vernichten wird. Nach anfänglichen Zweifeln wird ein Plan gefasst: in der verbleibenden Zeit soll ein Raumschiff gebaut werden, dass wie eine Arche Noah Menschen und Tiere auf den Pl
aneten Zyra bringen soll, um dort eine neue Zivilisation zu gründen. Im Wettlauf mit der Zeit stellen sich nicht nur Finanzierungsprobleme dar, sondern auch muss entschieden werden, wer an Bord des Raumschiffes darf – denn der Mensch ist dem Menschen ein Wolf...
Astrophysikalisch dürfte die ganze Chose natürlich ziemlicher Nonsense sein. Da rasen also zwei Planeten die sich gegenseitig umkreisen auf die Erde zu...naja, ich bin kein Astronom, aber das klingt schon sehr seltsam. Andererseits kann man diese Grundidee nur schwer dem Film ankreiden, denn immerhin basiert er auf einem Buch: „When Worlds Collide“ aus dem Jahre 1933 von Edwin Balmer und Philip Gordon Wylie. Insofern muss man diese Grundprämisse dem Film also abkaufen, damit man sich einigermaßen von ihm fesseln lassen kann. Wenigstens haben Regisseur Maté und Produzent George Pal sich nicht an einem Trickspektakel versucht (wie man bei der Oscar-Auszeichnung vielleicht denken könnte), sondern widmen sich über weite Strecken ihren handelnden Charakteren, und den Problemen die sich beim Bau eines solchen Raumschiffes in Verbindung mit dem Weltuntergang ergeben. Diese Fokussierung auf die Handlung und weniger auf umfassende Spezialeffekte (das geplante Remake soll von Stephen Sommers kommen...) ist allerdings ein sehr zweischneidiges Schwert: einerseits findet der Film hierin viele Spannungselemente und auch Fragen, die man sich selbst stellen kann, andererseits verläuft da auch vieles im Sande und man merkt, dass es mehr oder minder die Kurzfassung eines Romans ist.
Ich als Sonderpädagoge muss, bevor ich auf die umfassendere Zerpflügung des Scripts schreite, noch anmerken, dass die Darstellung von Menschen mit Behinderung in diesem Film ganz fürchterlich ist! Da ist also dieser reiche Krösus, im Rollstuhl sitzend, der seinen Pfleger/Assistenten wie Dreck behandelt und nur darauf aus ist, seine eigene Haut zu retten. Und noch viel mehr: nicht nur will er durch die Finanzierung des Unternehmens sein eigenes Leben retten (was verständlich ist), auch will er sämtliche Mitreisenden selbst auswählen. Und schließlich sorgt er noch für zahlreiche Waffen im Stützpunkt, um eventuell Meuternde niederschießen zu können. Der Behinderte, der ein ignorantes Ekel ist, sich an der Gesellschaft rächen möchte, und keinerlei Moral zeigt – grauenhaft! Ebenso sei noch angemerkt, dass es wenn ich mich richtig erinnere, keinen einzigen afroamerikanischen Schauspieler in diesem Film von 1951 gibt, sowie die Damen des Casts entweder Love-Interests oder Brutmaschinen für die neue Zivilisation sind.
Den Rest des Drehbuchs kann man grob dreiteilen: richtig gelungene Spannung, Subplots die im Nichts versanden, und verschenktes Potential. Verschenktes Potential vor allem deshalb, weil „Hauptdarsteller“ David Randall in der Mitte des Films nur noch zu einem Statisten verkommt, sowie seine Rolle hier äußerst fragwürdig wirkt und es seltsam erscheint, wie er sich überhaupt im Film halten kann. Denn zu Beginn ist er wirklich ein toller Leading Man: Pilot, Frauenheld und immer den Schalk im Nacken hat er die Chance zum Star, der sich auchmal locker mit Dollarscheinen die Kippe anzündet als er erfährt, dass die Welt untergehen wird. Irgendwo zwischen „versenkt“ und „versandet“ findet sich dann ein zu Beginn angedeuter Kriminalplot wieder, als verschiedene Parteien Randall immer mehr Geld für die Lieferung anbieten. Auswirkungen: keine. Deutlich merkt man bestimmte Aspekte des Buches (das ich aber nicht kenne), die zwar in einem Satz erwähnt werden, jedoch nicht weiter auftauchen, etwa dass auch andere Nationen Raumschiffe bauen, was leider nicht weiter ausgebaut wird. Spannend ist das ganze aber allemal: auch der Zuschauer darf sich in die zwischenmenschlichen Konflikte einfühlen, und gerade wenn es um die Frage nach der Auswahl der Passagiere geht, stellt sich ein echtes ethisches Dilemma, welches nicht vernünftig bzw. moralisch lösbar scheint. In diesen Szenen, wenn auch Randall selbst daran zweifelt, hat der Film eindeutig seine stärksten Momente.
Dass unser Held sogar so heldenhaft ist, dass der Verlobte des Love-Interests Joyce ihm seine Frau nicht nur kampflos überlässt, sondern die beiden sogar noch aktiv unterstützt ist wohl am ehesten dem Zeitgeist geschuldet. Manchmal kitscht dann der Film leider auch munter vor sich hin, etwa wenn – obwohl szenenlang über den begrenzten Treibstoff diskutiert wird – so mir nichts dir nichts ein Straßenköter samt frischem Wurf mit eingeplant wird, obwohl rein von der Organisation her Hunde auf jeden Fall in der „Arche“ bereits vorhanden sein müssten. Hervorragend ist jedoch die Ausstattung des Films sowie die Spezialeffekte, für die sich Gordon Jennings verantwortlich zeigt. Dieser wurde ebenfalls für „Kampf der Welten“ oscarprämiert und kann auch bei diesem Film sehr überzeugen. Sicherlich, in den Effektszenen sieht man dem Film sein Alter von knapp 60 Jahren durchaus an, aber gerade einige Szenen mit dem gigantischen Raumschiff im Hintergrund sind immer noch ganz fantastisch. Einzig dass miese Matt-Painting am Ende fällt negativ auf, für das kann Jennings jedoch wenig, da dies auf den Zeitdruck der Produzenten zurückzuführen ist.
Es bleibt also ein inhaltlich recht naiver, nichtsdestotrotz spannender Klassiker mit einer bemerkenswerten Optik und einem tollen Hauptdarsteller. Abzüge in der B-Note gibt’s freilich auch, aber dank des nostalgischen Charmes reicht es mit Ach und Krach noch für 5 Sterne!