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Die Familie mit dem umgekehrten Düsenantrieb

Die Familie mit dem umgekehrten Düsenantrieb

Ein Film von Sogo Ishii

Was es mit dem seltsamen Titel „Die Familie mit dem umgekehrten Düsenantrieb“ auf sich hat wird allen Nicht-Japanern wohl zunächst unklar sein. Zu verdanken haben wir den Ausdruck „umgekehrter Düsenantrieb“ einem japanischen Piloten, der in den 1980er aus unerklärlichen Gründen während eines Fluges den Umkehrschub seiner Maschine einschaltete und dadurch einen Absturz verursachte. Seit dem ist der Ausdruck „umgekehrter Düsenantrieb“ in Japan ein Synonym für „Wahnsinn“.

In einer aberwitzigen Form erleben wir hier das japanische Äquivalent zum (missglückten) amerikanischen Traum. Nach langer Zeit kann sich Vater Kobayashi endlich seinen großen Traum erfüllen und erwirbt ein Eigenheim am Rande Tokios. Der erwartete und ersehnte Familienfrieden lässt allerdings auf sich warten, zumal unerwartet auch noch der Großvater mit einzieht, so dass nun drei Generationen unter einem Dach vereint sind. Dies birgt natürlich sozialen Sprengstoff sondergleichen und Vater Kobayashi wird langsam aber sicher in den Wahnsinn getrieben, was zu der ein oder anderen Katastrophe führt…

Sogo Ishii hat mit „Die Familie mit dem umgekehrten Düsenantrieb“ eine rabenschwarze Gesellschaftssatire geschaffen, die auf ihre eigene Art zu unterhalten weiß. Vorausgesetzt man ist empfänglich für den, gelinde gesagt, abgedrehten japanischen Humor, der mit Sicherheit nicht jedermanns Sache ist. Meiner zumindest ist es nicht und dies, obwohl einde
utig ersichtlich ist, dass Ishii mehr im Sinn hatte als nur einen lautstarken Klamauk auf Zelluloid zu bannen. Die Kategorisierung „japanischer Humor“ wird dem Inhalt des Filmes mit Sicherheit nicht gerecht, geschweige den ist dieser Begriff überhaupt definiert worden. Pauschalisierungen waren jedoch schon immer hilfreich - wenn auch keineswegs wünschenswert, da sie äußerst selten versuchen die Wirklichkeit zu erfassen. Nun zeigt sich jedoch von Zeit zu Zeit, dass vornehmlich in Produktionen aus dem fernöstlichen Japan immer wieder ein sonderbar anmutender Humor zum Vorscheinen kommt. Man denke hier vielleicht stellvertretend nur einmal kurz an die international populär gewordene Spielshow „Takeshi’s Castle“.

Den Traum vom eigenen Haus kann vermutlich so gut wie jeder nachvollziehen. In Japan kommt diesem Wunsch ein weitaus höherer Stellenwert zu als in anderen Ländern. Nur wenig Ländern haben mit einer so enormen Überbevölkerung zu kämpfen, wie die kleine Insel. Bei astronomischen Quadratmeterpreisen in den Großstädten ist ein eigenes Haus wahrlich etwas Besonderes. So ist auch verständlich, dass große Erwartungen mit dem eigenen Heim verknüpft werden. Erwartungen haftet jedoch die potentielle Eigenschaft an, unerfüllt zu bleiben. Diese übersteigerten Erwartungen und der Drang zum perfektionierten Glück dienen als Aufhänger für einen grotesken, aber kritischen Einblick in die moderne japanische Gesellschaft. Ishii zeigt die Konsequenzen des Aufeinanderprallens eines traditionsbewussten, konservativen Idealbildes mit einem damit im Grunde unvereinbaren modernen, auf Fortschrittlichkeit ausgerichteten Lebensstils.

Inhaltlich ist „Die Familie mit dem umgekehrten Düsenantrieb“ treffsicher und anspruchsvoll, die Umsetzung gestaltet sich jedoch einfach zu laut, zu schrill und zu hektisch. Vermutlich wird es einem Japaner jedoch in einer anderen Form gar nicht möglich sein eine Satire zu inszenieren. Laut, schrill und hektisch ist in Japan wohl synonym mit normal und alltäglich. Ohne die derart übertrieben wirkenden Überzeichnungen der Charaktere und Handlungen würde es gewiss keinem Japaner auffallen, dass dieser Film nicht wortwörtlich gemeint ist.

Eine Rezension von Anja Mikolajek
(12. August 2007)
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Daten zum Film
Die Familie mit dem umgekehrten Düsenantrieb Japan 1984
(Gyakufunsha kazoku)
Regie Sogo Ishii Drehbuch
Produktion
Darsteller Katsuya Kobayashi, Mitsuko Baisho, Yoshiki Arizono, Youki Kudoh, Hitoshi Ueki
Länge 102 Minuten FSK 12
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