Eine klirrend kalte Winternacht in Tokio, Japan, 1899. Ein alter, ergrauter Mann ist auf dem Weg zu einer privaten Krankenstation, auf dem Rücken trägt er seinen 6-jährigen Enkel, der unter Fieber leidet. Er kommt noch zur rechten Zeit, denn der Besitzer der Praxis ist im Begriff die Stadt zu verlassen, mit der Hoffnung in einer anderen Stadt mehr Kunden zu gewinnen.
Während der junge Patient von der Frau des Arztes untersucht wird, kommen dieser und der Alte ins Gespräch. Anlass dazu ist ein 30 Jahre altes Foto von einem Samurai.
Der alte Mann, der seinen Namen nicht preisgeben will, fragt den Arzt sehr interessiert über dessen Beziehung zum abgebildeten Samurai aus und schweift dabei selbst gedanklich in die Vergangenheit ab.
Seine Erinnerungen gehen in der Zeit 30 Jahre zurück in den Dojo-Vorhof (eine Art Trainingsplatz der Samurai) des in Kyoto überaus angesehenen und gefürchteten Shinsengumi Clans, besser bekannt als die „Wölfe von Mibu“. Die Shinsengumi sind die Elite-Truppe eines politisch einflussreichen Shogunats, welches in seiner Macht dem Kaiser ebenbürtig ist. In dem Dojovorhof muss gerade ein neuer Rekrut, Kanichiro Yoshimura (Kiichi Nakai), seine Kampftechnik unter Beweis stellen und tritt gleich gegen einen der ranghöchsten Shinsengumi-Kämpfer an. Aus der Distanz beobachtet ein dunkel gekleideter Samurai, Hajime Saito (Koichi Sato), mit finsterer Miene den Kampf. Bald stellt sich raus, dass eben dieser Saito in seine Erinn
erungen zurück blickt. Yoshimura erweist sich als ebenbürtig, wird in den Shinsengumi Clan als Schwertkampflehrer aufgenommen und darf zudem als gleichwertiger Kämpfer bei den Aufträgen der Shinsengumi mitstreiten. Jene fungieren letztendlich als eine Art Geheimpolizei und liquidieren, dem Samurai-Codex folgend, Feinde und Verräter am politischen System des Shogunats.
Saito stellt sich schon bald als ein skrupelloser, gewalttätiger und opportunistischer Schwertkämpfer raus, der seinen Blutrausch über den Ehrencodex seines Clans stellt. Yoshimura ist das komplette Gegenteil: aufrichtig, freundlich und gutmütig; er beherrscht die Schwerttechnik so virtuos wie nur wenige aus dem Clan, nutzt sie aber stets in fairer und konstruktiver Absicht, und auch nur wenn er keine andere Möglichkeit mehr sieht. Für Yoshimura hat die Finanzierung seiner in der Heimat zurück gelassenen Familie höchste Priorität. Doch schon bald erfolgt die erste kämpferische Konfrontation der so idealunterschiedlichen, gegenpoligen Schwertmeister.
Dabei entsteht zwischen Saito und Yoshimura eine ungewöhnliche, zweischneidige Beziehung. Als der Kaiser seine Armee mit modernsten westlichen Schusswaffen ausstattet und beginnt seinen Machtanspruch im ganzen Land kriegerisch durchzusetzen, entsteht unter Saito, Yoshimura und dem Shinsengumi Clan ein tiefgehender Gewissens- und Idealenkonflikt. Wiegen die Bewahrung und Verteidigung alter Werte (wie der heilige Schwertkampf und der Ehrencodex des Samurai), sowie die Verpflichtungen gegenüber dem Shogunat mehr als der lukrative und sichere Seitenwechsel zur kaiserlichen Armee? In einem letzten entscheidenden Kampf muss jeder Samurai diese Entscheidung für sich selbst treffen.
Yojiro Takita verfilmte nach dem hochgelobten und preisgekrönten Roman von Jiro Asada die Geschichte eines der bekanntesten und in Japan beliebtesten Samurai-Clans – den „Wölfen von Mibu“. Takita vermag es hierbei die literarische Dichte des Romans mit filmischer Erzählkunst und atemberaubenden Kampfszenen meisterhaft zu vereinen. Schon allein das Konzept ist genial, nämlich die Geschichte aus zwei unterschiedlichen Perspektiven zu erzählen, zum einen aus den Erinnerungen des alternden Saito und zum anderen aus den Rückblicken des Arztes, dessen Rolle in der Geschichte erst später ersichtlich wird.
Hierbei wird „The Last Sword“ größtenteils durch die großartige schauspielerische Leistung von Kiichi Nakai (Yoshimura) und Koichi Sato (Saito) getragen, die nicht nur als Protagonist und Antagonist die Geschichte in steter Spannung halten, sondern dem Film auch unglaubliche emotionale Tiefe verleihen.
Yoshimura ist bei alledem der tragische Held, der innerlich mehrere Konflikte lösen muss. Wie schafft er es seine unter kläglichen Verhältnissen lebende Familie durchzubringen, sich dabei gegen Intrigen und Morde zu wehren und gleichzeitig die wichtigste Entscheidung seines Lebens zu treffen, nämlich ob er dem Kaiser oder dem Shogunat treu bleiben soll. Yoshimura ist ein echter Samurai, der sich soweit wie möglich an den Ehrencodex hält.
Saito dagegen nutzt seine Stellung als Samurai ausschließlich für seine eigenen Bedürfnisse – nämlich seinen Hass auf jeden in seiner Umgebung und seinen Blutrausch auszuleben und dabei seine Überlegenheit in der Schwertkunst zu demonstrieren. Saito wechselt auch oft die Seiten und überlegt wie er am besten seine Bedürfnisse erfüllen kann.
In der ersten entscheidenden Konfrontation fragt Saito Yoshimura ob er denn Angst vorm Sterben hätte, denn er selbst „lebt um zu töten“ und das mache in seinen Augen einen Samurai aus. Yoshimura antwortet darauf er töte um zu leben und dass in Wirklichkeit kein Samurai den Tod sich herbei wünscht.
Zum Ende hin werden beide Samurais mit ihren Idealen konfrontiert und letztendlich der Entscheidung wie weit sie für ihre Ideale gehen wollen.
„The Last Sword“ ist ein wahrer Samurai-Film der alten Schule (wie sie früher Akira Kurosawa gemacht hat), der sich in seiner mehr als 2-stündigen Spielzeit sehr tiefgehend und ausführlich mit dem Leben des Samurais und dem ewigen Bemühen seiner Charaktere, den vorgegebenen Samurai-Ehrencodex mit allen damit verbundenen (Gewissens)Konflikten zu erfüllen, auseinander setzt. Wohl am besten vergleichen lässt sich Takitas Film mit Okamotos finsterem, pessimistischem Meisterwerk „Sword of Doom“, wobei ersterer die Thematik des Tötens, der Vergänglichkeit und dem Nihilismus eines ideallosen Samurais in eine gut ausgeglichene Balance zu dem Wert des Lebens setzt.
„The Last Sword“ überzeugt mit seiner bewegenden, epischen Geschichte, den bis ins Detail ausgefeilten Charakteren, einer großartigen Kameraarbeit, meisterhaft choreographierten Schwertkampfszenen und einem wuchtigen Soundtrack in solchem Maße, dass es einfach eine Freude ist, sich in dieses Abenteuer zu stürzen. Ein Vergleich mit „The Last Samurai“, obwohl auf Grund der Thematik gezwungenermaßen Plotparallelen existieren, lässt sich nicht halten und wäre geradezu eine Beleidigung für diesen äußerst anspruchsvollen mit viel Seele inszenierten großartigen Film.