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von Peter Lindmark




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Tarantula

Tarantula

Ein Film von Jack Arnold

Wenn wir also schonmal mit Formicula beim Thema Rieseninsekten waren, dann nehmen wir uns doch nun „Tarantula“ vor, der eine besondere Zwischenposition einnimmt: im Original ist er wohl ein Nachklapp zu Warners Hit mit den Ameisen, während er in Deutschland als erstes veröffentlicht wurde und sich „Them“ mit seinem deutschen Titel eben an „Tarantula“ anlehnt. Während sich bei Douglas' Film dank des Budgets gleich ganz Amerika respektive erstmal Los Angeles der monströsen Gefahr gegenüber sieht, spielt Arnolds Film wieder in der Wüste, diesmal im Städtchen Desert Rock (immerhin beinahe Sand Rock). Die (vermuteten) Budgeteinschränkungen lassen ihn dann auch als den schwächeren Film erscheinen, trotz größtenteils sensationeller Spezialeffekte!

Der Arzt Dr. Matt Hastings wird im Wüstenkaff Desert Rock zur Begutachtung eines Toten gerufen. Das Ungewöhnliche: er verstarb scheinbar an den Folgen von Akromegalie, eine äußerst seltene Erkrankung. Der Tote ist ein ehemaliger Mitarbeiter von Professor Deemer, der in seinem abgelegenen Labor geheime Experimente durchführt. Diese haben irgendetwas mit einer Nährstofflösung und dem Problem der Überbevölkerung zu tun, aber so richtig rausrücken will er damit nicht. Dann geschieht das Unglück: einer seiner Assistent
en infiziert sich mit der Lösung, wird wahnsinnig, und im folgenden Kampf mit Professor Deemer brennt nicht nur das halbe Labor ab, sondern eine Versuchs-Tarantel entwischt. Nicht nur wird diese immer größer, irgendwann bekommt sie auch ganz schönen Appetit auf Menschen...

„Tarantula“ unterscheidet sich in mehreren Dingen von anderen Monsterfilmen; die meisten davon tun dem Film leider nicht gut, es zahlt sich also nicht immer aus, einen eigenen Weg zu gehen. Sicherlich, die Möglichkeiten eines damaligen Monsterfilms sind gewissermaßen beschränkt, aber leider trifft der Film mit seinem Fokus die falsche Entscheidung, anstatt sich auf seine superben Effekte zu verlassen. Mit dem Namen „Tarantula“ und seinem Wesen als Monsterstreifen gibt er schonmal die Marschrichtung der Bedrohung an; auch zeigt er innerhalb der ersten (geschätzten) 15 Minuten, wie die Tarantel aussieht (zugegebenermaßen: noch nicht in voller Größe). Danach taucht das Vieh aber erstmal bis zu Minute 50 quasi vollkommen ab – bei einem Film von nur 77 Minuten Laufzeit. Dass sich der Fokus dann auf die wissenschaftlichen Hintergründe und der „Ermittlung“ Hastings stützt ist angesichts der ziemlich vernünftigen Dialoge zwar lobenswert, nur macht das Verstecken des Monsters leider wenig Sinn, da der Zuschauer es (im Gegensatz zum eher unspezifischen „Them“) ja allein durch den Titel schon kennt und auch bereits gesehen hat. Nur leider funktioniert das menschliche Drama aufgrund der eindimensionalen Figuren leider nicht wirklich.
TarantulaTarantulaTarantula
Schon der erste Dialog des ganzen Films markiert auf pragmatische Art und Weise zwei Faktoren: „Tarantula“ spielt in der Wüste, und Hastings ist Arzt. Damit wären wir schon beim ersten Problem: warum ausgerechnet Arzt? Die einzige weibliche Rolle, Stephanie Clayton, eine Studentin und Assistentin Deemers wäre doch als Biologin viel besser als Helden geeignet, als ein Arzt! Wäre er wenigstens beim FBI oder Militär, könnte man sich immerhin erklären, wie er nicht nur die Polizei herumkommandiert (der örtliche Sheriff scheint nur Zuträger für Hastings und einen Zeitungsredakteur zu sein), sondern am Ende auch noch gleich eine Bomberstaffel mit Napalm herbeiruft! Hastings als Hauptperson bleibt leider sehr flach, und selbst der gestandene Mime John Agar kann als Guter nicht in den Over-Acting-Hyperdrive schalten und somit keine wirklichen Akzente setzen. Die weibliche Rolle bleibt erneut als optisches Futter beschränkt, das eher burschikose Auftreten zeigt sich schon in ihrem Spitznamen: Steve. Wenigstens gibt es keinen Comic Relief, aber auch Leo G. Carroll kann in seiner Rolle als „Mad“ Scientist Deemer zwar überzeugen, aber ebenfalls nicht viel aus der Rolle herausholen.

Dabei geht das Drehbuch auch beim Monster neue Wege: diesmal ist nicht etwa die Atomenergie an der Mutation schuld, sondern eben Deemers Forschung an der Nährlösung. Aber auch hier gilt: Mist ist das! Die Wirkweise der Substanz ist leider völlig unklar. Warum die Lösung für Tiere scheinbar nur vergrößernd wirkt, während es bei Menschen zum tödlichen Verlauf der Akromegalie führt, wird ebensowenig geklärt, wie die einfache Frage: warum zum Teufel will Deemer das Zeug eigentlich in Menschen injizieren, um dadurch die Überbevölkerung zu bekämpfen? Ooops, watch out for the plotholes! Die mutierte Spinne, und damit der eigentliche Star des Films, macht dann – in den wenigen Szenen die sie hat – leider auch nicht mehr als durch die Landschaft zu kriegen und ein einziges Haus zu zerstören. Das mag jetzt alles größtenteils sehr kleinlich klingen und den Film recht nieder machen, aber etwas muss man schon zugeben: Junge, Junge, sind die Spezialeffekte für einen Film von 1955 gut! Selbst heute noch!

Die Tarantel wurde nämlich nicht per Modell oder Stop-Motion (oder – Gott bewahre – Man in Suit) erzeugt, sondern man nahm tatsächlich eine echte Spinne. Durch die eigentliche simple Technik der Rückprojektion, verbunden mit der Schwarz-Weiß-Fotografie und vielen Nachtszenen, können die Effekte auch heute noch locker überzeugen, auch wenn die Spinne bei genauerem Hinsehen meistens nicht viel mehr ist als ein schwarzer Fleck – das fällt aber bei den Nachtszenen nicht wirklich auf. Zwei kleiner Schlampereien gibt es aber auch hier: einmal verschwinden die Spinnenbeine hinter einer unsauberen Matte, und auch die Größe der Spinne wechselt recht munter zwischen LKW, Flugzeug und Fussballstadion. Trotzdem: durch den Einsatz einer echten Tarantel konnte man nicht nur das Aussehen kopieren, sondern auch die Bewegungen des Monsters überzeugend darstellen. Und bei der Angst vor Spinnen ist wohl vor allem das charakteristische Bewegungsmuster der Viecher das wahrlich beängstigende. Als Bösewicht ist es leider etwas Schade, dass nicht geklärt wird, warum ihr Dynamit und Raketen so gar nichts anhaben, sie aber bei Napalm die Biege macht (und nicht etwa Sci-Fi-Schmu wie Godzilla benötigt). Sei es drum: die Effekte der Spinne sind der Wahnsinn, und auch die Masken der Menschen mit Akromegalie können vollends überzeugen und machen die Schauwerte des Films aus!

Kommen wir also mal zum Ende: dass das Drehbuch versucht, neue Wege zu gehen, ist lobenswert. Nur leider funktioniert das nicht so wirklich, und ein straight-forward monster-movie wäre bei der Qualität von den Spezialeffekten sicherlich die bessere Wahl gewesen. Vor allem, weil die menschlichen Charaktere nicht richtig überzeugen können, bleibt der fahle Nachgeschmack einer vergebenen Chance. Ein Klassiker ist es trotz alledem! Und Menschen mit Angst vor Spinnen können die 4 ½ Sterne gerne noch auf die vollen 5 aufrunden. Denn die Bewegungen des Monsters sind wirklich furchteinflößend!

Zum Schluss noch zwei besondere Schmankerl: in der deutschen Synchro spricht Prof. Deemer munter von einer Weltbevölkerung von über 2 Billionen (wo selbstverständlich jemand das englische „billion“ wörtlich übersetzt hat), und in einer seiner ersten Rolle als Bomberpilot hinter einer Atemmaske ist für circa 3 Sekunden kein geringer zu sehen als: Clint Eastwood! Oscarreif!

Eine Rezension von David Kugler
(20. Dezember 2010)
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Daten zum Film
Tarantula USA 1955
(Tarantula)
Regie Jack Arnold Drehbuch Robert M. Fresco, Martin Berkeley, Jack Arnold
Produktion Universal International Pictures Kamera George Robinson
Darsteller John Agar, Mara Corday, Leo G. Carroll, Nestor Paiva, Clint Eastwood
Länge 76:57 FSK 12
Filmmusik Herman Stein
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